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Kernaussagen

  • Neue Recherchen der Organisation Earthsight haben eine Verbindung zwischen der illegalen Rodung südamerikanischer Wälder, der Heimat eines der weltweit letzten isolierten Stämme, und einigen der größten europäischen Autohersteller hergestellt.  Diese Rodungen fanden im Gran Chaco statt, einer wertvollen Bioregion, die Jaguaren und Großen Ameisenbären einen Lebensraum bietet und deren Wälder inzwischen schneller zerstört werden als irgendwo sonst auf der Welt. Viehzuchtunternehmen treiben die Zerstörung voran, um die internationale Nachfrage nach Rindfleisch und Leder decken
  • Earthsight konnte Rinderfarmen ermitteln, die widerrechtlich Wälder roden ließen, die von den Ayoreo Totobiegosode bewohnt werden, dem einzigen indigenen Volk auf dem amerikanischen Kontinent außerhalb des Amazonasgebiets, das in freiwilliger Isolation lebt. Den Earthsight-Rechercheuren gelang es, die Schlachthöfe ausfindig zu machen, die Rinder von diesen Farmen in Paraguay beziehen, und die Lieferkette nachzuverfolgen, über die Rinderhäute an einige der größten europäischen Gerbereien mit Sitz in Italien, dem Hauptabsatzland für Leder aus Paraguay, geliefert werden.
  • Während unserer verdeckten Besuche in paraguayischen Gerbereien prahlten diese damit, ihr Unternehmen statte mehrere berühmte Autos aus, unter anderem Modelle von BMW und den Range Rover Evoque. BMW verwendet Häute, die von zwei der Schlachthöfe stammen, auf denen Rinder von Farmen verarbeitet werden, die für die illegale Rodung der Wälder der Ayoreo Totobiegosode verantwortlich sind. Jaguar Land Rover hat nicht bestritten, Material aus einer Gerberei in Paraguay zu beziehen, die Häute aus einem anderen Schlachthof verarbeitet, der die gleiche Praxis an den Tag legt. Mehrere weitere Autoriesen beziehen ebenfalls Leder von den italienischen Gerbereien, die wir mit dem Skandal in Verbindung gebracht haben.
  • Die auf Totobiegosode-Gebiet festgestellten widerrechtlichen Rodungen stellen jedoch nur ein besonders eklatantes Beispiel für die in Paraguay weit verbreitete Umweltzerstörung dar. Der Großteil der Rindfleisch- und Lederexporte des Landes stammen aus Gebieten, die erst vor Kurzem entwaldet wurden, wobei bis zu einem Fünftel der Fläche illegal gerodet wurde. Studien deuten darauf hin, dass diese Exporte für mehr Abholzung pro Gewichtseinheit verantwortlich sind als irgendein anderer Rohstoff auf der Welt. Durch Gespräche mit Whistleblowern von staatlichen Stellen und verdeckte Ermittlungen bei Immobilienhändlern deckte Earthsight auf, wie diese Zerstörung durch Korruption und Einflussnahme überhaupt erst möglich wird.
  • Der Bericht legt ausführlich dar, wie weit die Lederbranche noch hinter den Maßnahmen zurückliegt, die in anderen Bereichen eingeführt wurden, die ebenfalls mit Rohstoffen zu tun haben, die die Abholzung vorantreiben, wie etwa Palmöl oder Kakao. Mit dem Leder, das jährlich in Autos verwendet wird, ließe sich Manhattan dreimal bedecken, zudem gehört die Autoindustrie zu den größten Verbrauchern von Häuten aus Brasilien, wo die Viehzucht mehr als alles andere die Entwaldung vorantreibt. Die Studie von Earthsight ergab jedoch auch, dass kein einziges Autounternehmen imstande war, das gesamte im Unternehmen verwendete Leder zur Ursprungsfarm zurückzuverfolgen, was wesentlich ist, wenn Verbindungen zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung vermieden werden sollen.
  • Unsere Recherchen unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer Gesetzgebung in der EU und im Vereinigten Königreich, die Automobilunternehmen und andere Branchen zu Due-Diligence-Maßnahmen verpflichtet, um sicherzustellen, dass deren Bezug von „Waldrisiko-Rohstoffen“ nicht zur Entwaldung und sonstigen Zerstörungen beträgt. Unser Bericht offenbart jedoch auch, dass sich Branchenverbände mit Verbindung zur Automobilindustrie bei der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung dafür eingesetzt haben, neue Gesetzesvorlagen, wonach Unternehmen ihre Lieferketten bereinigen müssten, zu verwässern oder gänzlich zu Fall zu bringen.
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Zusammenfassung

Paraguayan Chaco forest cleared for cattle ranching, December 2019 © Earthsight

Paraguayan Chaco forest cleared for cattle ranching, December 2019 © Earthsight

Jaguar photographed in the Gran Chaco forest © Hugo Santa Cruz & Fundación Yaguaret

Jaguar photographed in the Gran Chaco forest © Hugo Santa Cruz & Fundación Yaguaret

The Ayoreo Totobiegosode have been fighting for their land for decades © Survival International/GAT

The Ayoreo Totobiegosode have been fighting for their land for decades © Survival International/GAT

Bulldozer clearing Chaco forest in Paraguay, December 2019 © Earthsight

Bulldozer clearing Chaco forest in Paraguay, December 2019 © Earthsight

Cattle ranching is a major driver of deforestation in the Paraguayan Chaco © Earthsight

Cattle ranching is a major driver of deforestation in the Paraguayan Chaco © Earthsight

The UK-manufactured Range Rover Evoque is its parent company’s best-selling vehicle © Volha-Hanna Kanashyts / Shutterstock

The UK-manufactured Range Rover Evoque is its parent company’s best-selling vehicle © Volha-Hanna Kanashyts / Shutterstock

Vehicles under construction at Jaguar Land Rover’s factory in Solihull, England © John Robertson / Alamy Stock Photo

Vehicles under construction at Jaguar Land Rover’s factory in Solihull, England © John Robertson / Alamy Stock Photo

Die verschwindende Heimat des Jaguars

Obwohl das Amazonasgebiet die volle Aufmerksamkeit genießt, dürfte die Gefahr für andere wertvolle Waldgebiete Lateinamerikas wohl noch größer sein. Tausend Kilometer weiter südlich verschwinden die Trockenwälder des Gran Chaco schneller als irgendein anderer Wald auf der Welt. David Attenborough beschrieb diese einzigartige Ökoregion, die Heimat des Jaguars, des Großen Ameisenbären und Dutzender endemischer Arten, als „eines der letzten großen Wildnisgebiete der Welt“.

Am schnellsten verschwindet der Chaco in Paraguay. Bis 2016 hatte dieses relativ kleine südamerikanische Land bereits ein Waldgebiet verloren, das größer als die Schweiz ist. Der Großteil davon war in den 10 Jahren davor abgeholzt worden. 2019 wurde die Umwandlung abermals intensiviert und nun alle zwei Minuten ein Fußballfeld eingeebnet.

Treibende Kraft der Zerstörung ist die industrielle Viehhaltung, die damit die Auslandsnachfrage zu decken sucht. Studien haben gezeigt, dass Rindfleisch und Leder aus Paraguay wie kein anderer Rohstoff auf der Welt für die Abholzung von Wäldern verantwortlich sind. Über ein Fünftel der Rodungen sind zudem illegal.

Diese Zerstörung hat katastrophale Folgen – sowohl für die Artenvielfalt vor Ort als auch den globalen Klimaschutz. Eine Katastrophe ist sie aber auch für die indigenen Völker Paraguays, für die Wälder oftmals die Existenzgrundlage sind.

Der Großteil ihrer angestammten Gebiete wurde ihnen bereits geraubt. Jahrzehnte einer korrupten Herrschaft haben aus Paraguay ein Land mit einer der weltweit höchsten Ungleichheitsraten gemacht, wo 90 Prozent des Landes einigen wenigen Tausend reichen Agrarindustriellen gehören, die auch die politische Führung aus ihren Reihen des Staates stellen. Doch die indigenen Gruppen im Land haben noch nicht aufgegeben. Den Ayoreo Totobiegosode, die zu den letzten isoliert lebenden Völkern Lateinamerikas außerhalb des Amazonasgebiets zählen, kommt in diesem Kampf eine Schlüsselrolle zu.

Die Invasion indigener Gebiete für die Viehzucht

Seit den frühen 1990er Jahren setzen sich Aktivisten der Totobiegosode für den Schutz ihrer noch verbliebenen Stammesgebiete ein. Dank ihrer Bemühungen wurde ein 5.500 Quadratkilometer großes Waldschutzgebiet ausgewiesen, in dem Totobiegosode-Gruppen bis heute in freiwilliger Isolation leben. Das Gebiet, das unter der spanischen Abkürzung PNCAT bekannt ist, wurde 2001 vom paraguayischen Staat offiziell anerkannt.

Nur wenige Jahre später begann die aggressive Expansion der florierenden Rindfleischindustrie des Landes im Chaco-Gebiet. Trotz der vom Paraguayischen Institut für die indigene Bevölkerung eingeleiteten Schutzmaßnahmen gelang es einigen Ranchern mit Beziehungen zur Politik, größere Gebiete des PNCAT zu pachten. Die Auswirkungen waren katastrophal. Seit 2005 wurden 53.000 Hektar Totobiegosode-Wald gerodet und in Weideland für Rinder umgewandelt.

Die schlimmsten Abholzungen gehen auf das Konto eines brasilianischen Unternehmens namens Yaguarete Pora. Yaguarete schlug zunächst tiefe Straßenschneisen ins Herz des PNCAT und zerstückelte so auch historisch wichtige Stätten der Totobiegosode. Anschließend nutzte das Unternehmen seinen politischen Einfluss, um eine Genehmigung für die Rodung der umliegenden Waldgebiete zu erhalten. Später wurde zwar festgestellt, dass die Genehmigung widerrechtlich erteilt worden war, und Yaguarete wurde zu Strafzahlungen verurteilt, weil das Unternehmen die Existenz isoliert lebender Gruppen in den fraglichen Gebieten verschwiegen hatte. 2013 erteilte das Umweltministerium Paraguays unter eklatanter Missachtung dieses Beschlusses jedoch die gleiche Genehmigung erneut – und Yaguarete zerstörte Tausende Hektar weiterer Waldgebiete.

Doch auch andere Firmen waren an der Landnahme beteiligt. Nachdem die Totobiegosode sämtliches Vertrauen in die paraguayischen Behörden verloren hatten, wandten sie sich mit der Bitte um Hilfe an die internationale Gemeinschaft. Es folgten vernichtende Berichte der Vereinten Nationen und des IACHR, der regionalen Menschenrechtsorganisation. Im Februar 2018 reagierte schließlich auch die Regierung Paraguays, und das staatliche Forstwirtschaftsinstitut (INFONA) ließ sämtliche Landbewirtschaftungspläne für Grundstücke innerhalb des PNCAT auf Eis legen – jegliche Abholzung war damit nun unmissverständlich illegal.

Während die neuen Vorschriften zwar eine kurze Verschnaufpause brachten, standen die Bulldozer, wie Earthsight herausfand, nicht lange still.

Die bullzdozer sind wieder da

Nur zwei Monate nach der Entscheidung des INFONA entdeckte Earthsight neue Abholzungen innerhalb des PNCAT. Auf Satellitenbildern war zu erkennen, dass Bulldozer mit dem systematischen Kahlschlag von Wäldern auf beiden Seiten eines wichtigen Wasserlaufs begonnen hatten. Innerhalb weniger Monate waren 2.100 Hektar wertvollen Waldes verloren. Im darauffolgenden Jahr wurden weitere 520 Hektar an anderer Stelle auf der gegenüberliegenden Seite des PNCAT abgeholzt.

Um die Verantwortlichen für diese widerrechtlichen Rodungen festzustellen, reiste Earthsight Ende 2019 ins Totobiegosode-Gebiet. Wir trafen uns mit indigenen Gemeinden, die gegen die Rodungen kämpfen und uns ausnahmsweise erlaubten, die illegale Abholzung auf ihrem Gebiet zu dokumentieren. Wir fanden heraus, dass das größte Gebiet der neuesten Abholzungen auf das Konto eines weiteren brasilianischen Unternehmens, der Caucasian SA, ging, die zuvor bereits vor Gericht gegen Totobiegosode-Aktivisten prozessiert hatte. Weitergehende Nachforschungen ergaben, dass der zweite Standort einer Landwirtschaftskooperative namens Chortitzer gehört, einem der größten Rindfleischexporteure Paraguays.

Um zu verstehen, wie es sein kann, dass Landbesitzer in Paraguay offensichtlich eine derartige Straffreiheit genießen, traf sich Earthsight mit Whistleblowern von staatlichen Stellen. Eine Beamtin, die Dutzende Fälle illegaler Abholzungen in einem anderen Teil des Chaco an ihre Vorgesetzten gemeldet hatte, berichtete ausführlich, wie sie zum Schweigen gebracht wurde. Als sie sich den Forderungen ihrer Vorgesetzten, damit aufzuhören, widersetzte, wurde sie zu einem Treffen mit Vertretern der betroffenen Landbesitzer geschickt, die versuchten, sie zu bestechen. Schließlich wurde sie gezwungen, von ihrer Stelle zurückzutreten. Im Rahmen weiterer Nachforschungen stellten wir verdeckte Ermittlungen bei paraguayischen Immobilienhändlern an, die uns zwei verschiedene Grundstücke innerhalb des PNCAT zum Verkauf anboten und uns versicherten, dass wir – dank ihrer persönlichen Beziehungen im Umweltministerium – nicht erst auf die Genehmigung warten müssten, um mit der Abholzung des Waldes auf dem Land zu beginnen.

Die Spur des Geldes

Die wahren Verantwortlichen für die von uns dokumentierte Zerstörung finden sich jedoch an ganz anderer Stelle. Das Verschwinden der tropischen Wälder unserer Welt wird von der global steigenden Nachfrage nach billigen Rohstoffen befeuert. Die Rinderzucht ist dabei mit Abstand der Hauptverursacher. Paraguay exportiert jedes Jahr Rindfleisch und Leder im Wert von über einer Milliarde Dollar. Während das Rindfleisch größtenteils nach Chile und Russland ausgeführt wird, gehen sechzig Prozent des Leders in ein und dasselbe Land: Italien.

Earthsight ist den LKWs nachgefahren, die die Rinder zur Schlachtung bringen, und konnte so den Weg der Kühe von den Caucasian- und Chortitzer-Farmen zu drei der größten fleischverarbeitenden Unternehmen Paraguays nachverfolgen. Weitere Nachforschungen ergaben, dass diese Unternehmen Gerbereien beliefern, auf die 98 Prozent der italienischen Lederimporte aus Paraguay entfallen.

Im nächsten Schritt konnten wir dann durch verdeckte Ermittlungen in diesen Gerbereien und die Analyse tausender Lieferscheine feststellen, dass die meisten dieser Exporte für die Automobilindustrie bestimmt sind. Mit dem Leder, das weltweit jedes Jahr in Autos zum Einsatz kommt, ließe sich Manhattan dreimal bedecken. Über ein Drittel davon stammt aus Südamerika. Wir fanden heraus, dass die größte Autolederfirma in Europa, die italienische Gerberei Pasubio, auch zu den weltweit größten Abnehmern von Leder aus Paraguay gehört und schätzungsweise zwei Fünftel aller paraguayischen Lederexporte aufkauft.

Pasubio liefert das Leder, das in den Luxusautos der bekanntesten Namen in der Automobilbranche verarbeitet wird.  Unsere Untersuchung beweist, dass dies auch Häute aus Gerbereien und Schlachthöfen betrifft, die Material aus illegaler Viehzucht im Herzen des PNCAT beziehen.

Die Verbingdung zu Luxusautos

Die Geschäftsführer einer der Gerbereien Paraguays brüsteten sich damit, BMW zu beliefern, unter anderem für den SUV X5. Der deutsche Hersteller hat gegenüber Earthsight bestätigt, Tierhäute zu verwenden, die sich zu den Schlachthöfen zweier der größten Rindfleischproduzenten Paraguays zurückverfolgen lassen. Beide Unternehmen beziehen Rinder von Farmen innerhalb des PNCAT. Das eine, Frigorifico Concepcion, ein fleischverarbeitendes Unternehmen aus Paraguay, kauft Rinder bei Yaguarete Pora, während das andere Unternehmen, eine Tochter des brasilianischen multinationalen Konzerns Minerva, Rinder von Caucasian bezieht.

An anderer Stelle im PNCAT werden Rinder von der Chortitzer-Ranch zum firmeneigenen Schlachthof Frigochorti transportiert, der die paraguayische Lederfirma Cencoprod beliefert. Der Direktor von Cencoprod gibt an, Leder geliefert zu haben, das in mehreren großen Marken verwendet wird, u. a. für die Sitze des in Großbritannien produzierten Range Rover Evoque oder für Lenkräder von Ferrari. Als Jaguar Land Rover, früher einer der größten Kunden von Pasubio, später von Earthsight darauf angesprochen wurde, bestritt das Unternehmen nicht, Leder von Cencoprod zu verwenden. Ferrari behauptete zwar, Cencoprod gehöre aktuell nicht zu den Zulieferern des Unternehmens; es ist jedoch unklar, wie zuverlässig das ist, da Ferrari den Nachweis einer angemessenen Rückverfolgbarkeit schuldig blieb.

Viele andere Autoriesen beziehen ebenfalls Leder von den in den Skandal verwickelten italienischen Gerbereien, und obwohl einige bestreiten, dass dies auch Tierhäute aus Paraguay umfasst, so geschieht dies anscheinend eher zufällig als absichtlich. Kein einziger der von Earthsight im Juni 2020 untersuchten Autohersteller hat eine Richtlinie zu den Auswirkungen der eigenen Lederbeschaffung auf Wälder und indigene Völker. Zudem konnte keiner der Hersteller seinen gesamten Lederbestand auf die jeweilige Ranch zurückverfolgen, wo die Rinder gezüchtet wurden.

Und das spielt durchaus eine Rolle, denn das Leder, das aus abgeholzten Gebieten auf dem Land der Totobiegosode stammt, ist lediglich die schmutzige Spitze eines viel größeren Eisbergs. Der Großteil des Rindfleischs und Leders aus Paraguay stammt aus Gebieten, wo der Wald in den letzten zwei Jahrzehnten gerodet wurde. Inzwischen verschlingen die Luxusautos dieser Welt fünf Mal so viel Leder aus Brasilien, wo die Viehzucht die Hauptursache für den anhaltenden Kahlschlag im Amazonasgebiet ist.

Der Kampf der Autoriesen gegen staatliche Bemühungen um saubere Lieferketten

Obwohl Rinder mehr als jeder andere „Waldrisiko-Rohstoff“ für die Abholzung tropischer Wälder verantwortlich sind, hinken die Rindfleisch- und Lederbranche weit hinter anderen Bereichen, wie etwa Palmöl und Kakao hinterher, wenn es darum geht, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Aber auch die anderen Branchen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Vor zehn Jahren verpflichteten sich etliche Branchenriesen aus Produktion, Handel und Verkauf der betroffenen Erzeugnisse – darunter Nestlé & Unilever –, die Nutzung sämtlicher Produkte, die aus abgeholzten Gebieten stammen, bis 2020 einzustellen. Keines der Unternehmen hat dieses Ziel auch nur ansatzweise erreicht.

Dieses Versagen belegt, dass kein Verlass darauf ist, dass multinationale Konzerne freiwillig ihre Lieferketten aufräumen. Es zeigt, wie dringend der Gesetzgeber hier handeln muss, um Unternehmen zu Due-Diligence-Maßnahmen zu verpflichten und somit sicherzustellen, dass deren Bezug von Rohstoffen nicht zur Entwaldung und anderen Zerstörungen beiträgt. Europa kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Die EU und das Vereinigte Königreich sind gemeinsam verantwortlich für 10 Prozent der globalen Entwaldung in Form von Rohstoffen. Sie importieren im Wert von schätzungsweise 6 Milliarden EUR Soja, Rindfleisch, Leder und Palmöl, die auf Land gezüchtet oder angebaut wurden, das illegal entwaldet wurde. Italien und Deutschland sind die beiden Spitzenabnehmer.

Gesetzesvorlagen, wonach Unternehmen dazu verpflichtet wären, ihre Lieferketten zu bereinigen, werden von den Regierungen in Deutschland, Großbritannien und der EU zwar geprüft. Wir haben jedoch festgestellt, dass Branchenverbände, die für sich in Anspruch nehmen, die Interessen der europäischen Industrie (einschließlich ihrer einflussreichen Autobauer) zu vertreten, sich im Rahmen ihrer Lobbyarbeit dafür einsetzen, diese Gesetze zu Fall zu bringen oder verwässern zu lassen. Dabei greifen Sie sogar auf die Corona-Pandemie als Rechtfertigung zurück. Angesichts der deutschen EU-Ratspräsidentschaft kommt dem Land eine entscheidende Rolle dabei zu, derartige Gesetzesvorhaben voranzubringen. Die Bundesregierung hat bereits mitgeteilt, sich dieser Aufgabe stellen zu wollen. Vier Fünftel aller Autos im Premiumsegment sind jedoch deutsche Marken, und die Automobilindustrie des Landes ist enorm einflussreich. Angesichts der Beschwerden aus weiten Teilen der Industrie besteht für das deutsche Lieferkettengesetz die reale Gefahr, kaum mehr zu sein als ein wirkungsloses Feigenblatt. Wenn die Autoriesen nicht als Heuchler abgestempelt werden wollen, müssen sie öffentlich zugunsten wirkungsvoller Vorschriften Stellung beziehen. Sollte das nicht geschehen, ist es unverzichtbar, dass die Gesetzgeber auch gegenüber Lobbyingaktivitäten aus der Gegenrichtung standhaft bleiben.

1. Der Chaco wird zerstückelt

Bulldozer clearing forest south of PNCAT, December 2019 © Earthsight

Bulldozer clearing forest south of PNCAT, December 2019 © Earthsight

The Chaco forests of Paraguay are rich in biodiversity and home to wildlife such as the giant anteater © Shutterstock

The Chaco forests of Paraguay are rich in biodiversity and home to wildlife such as the giant anteater © Shutterstock

Der Gran Chaco ist ein Mosaik zahlreicher Tiefland-Ökosysteme im Herzen Südamerikas. Das Gebiet, das mehr als doppelt so groß ist wie Kalifornien, verknüpft Savannen-Landschaften voller Palmen mit Dornstrauchsavannen und dem zweitgrößten Waldgebiet des Kontinents.

Die Wälder des Chaco bedecken eine Fläche von 800.000 Quadratkilometern in Argentinien, Bolivien und Paraguay und bieten 3.400 Pflanzen- und 900 Tierarten, darunter 500 Vogelarten, ein Zuhause.[1] Seltene Große Ameisenbären teilen sich den Lebensraum mit Jaguaren und Borstengürteltieren, während Tapire im dornigen Gestrüpp herumschnüffeln und Tukane darüber hinwegfliegen. Der Chaco ist eines der letzten Rückzugsgebiete des vom Aussterben bedrohten Nandus, der größten Vogelart Südamerikas, neben Dutzenden endemischen Arten, darunter das Chaco-Pekari, eine Wildschweinart, deren Verbreitungsgebiete so ablegen sind, dass sie erst 1975 erstmals von westlichen Wissenschaftlern entdeckt wurden.[2]

Die Vegetation ist ebenso vielfältig und zumeist gut an die ariden Bedingungen der Region angepasst, etwa der Samu‘u-Flaschenbau mit seinem bauchigen Stamm, der mit dicken Dornen bedeckt ist, um das Wasser im Baum zu schützen. Dann gibt es auch noch das berühmte Trio von Hartholzgewächsen, die gemeinsam unter dem Namen Quebracho bekannt sind, benannt nach ihrer Eigenschaft, Äxte zu brechen („quebrar hachas“), und die seit Langem wegen ihres Holzes und ihrer Tannine geschätzt werden.[3] Der britische Naturforscher David Attenborough wusste um den enormen Wert des Chaco und beschrieb ihn deshalb als „eines der letzten großen Wildnisgebiete der Welt.“[4]

Neben seiner enormen Artenvielfalt und seinen Naturwundern ist der Chaco auch die Heimat von etwa 250.000 indigenen Menschen, die sich grob in 20 Ethnien oder sechs Sprachgruppen einteilen lassen.[5] In den Wäldern des paraguayischen Chaco gehören die Angehörigen einer dieser Gruppen zum letzten „unkontaktierten“ indigenen Volk auf dem amerikanischen Kontinent außerhalb des Amazonasgebiets.[6]

Die weltweit hochste Abhölzungsrate

Diese einzigartige Wildnis steht jedoch vor einer tödlichen Gefahr. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass die Wälder der Region schneller verschwinden als alle anderen natürlichen Wälder auf der Welt. Analysen der Nasa haben ergeben, dass zwischen 1985 und 2016 rund ein Fünftel der Wälder des Gran Chaco in Ackerland oder Weideland für Rinder umgewandelt wurden. Paraguay wurde dabei besonders hart getroffen und hat beinahe 44.000 Quadratkilometer verloren – damit hat dieses kleine südamerikanische Land innerhalb von drei Jahrzehnten eine Waldfläche verloren, die größer ist als die Schweiz.[7]

Eine wegweisende Studie der University of Maryland aus dem Jahr 2013 bietet eine Vergleichsperspektive.[8] Forscher werteten Satellitenbilder der NASA aus, um das Verschwinden von Wäldern überall auf der Welt in den 12 Jahren seit 2000 zu kartieren.[9] „Im Bereich der Tropen waren die Gesamtverluste an Wäldern am größten“, so das Fazit der Forscher. „Die tropischen Trockenwälder Südamerikas verzeichneten die höchste Verlustrate für Tropenwälder, und zwar aufgrund der Abholzungsdynamik in den Chaco-Waldgebieten Argentiniens, Paraguays und Boliviens.“

Diese Rodungen richten in Paraguay den größten Schaden an. Auf Landesebene betrachtet, war die Entwaldungsrate nur in Malaysia noch höher. Dieser Wert wurde jedoch berechnet, indem die verlorene Waldfläche durch die Gesamtfläche des Landes geteilt wurde. Für den Osten Paraguays galt seit 2004 ein Entwaldungsmoratorium, was heißt, dass praktisch die gesamten Waldverluste Paraguays auf die im Westen des Landes gelegene Chaco-Region entfielen – was wiederum bedeutet, dass die Wälder des paraguayischen Chaco schneller verschwinden als irgendein anderer Wald auf der Welt.

Die Abholzung schreitet seither unvermindert schnell voran. Im Jahr 2012 startete die paraguayische NGO Guyra Paraguay ein Satellitenbeobachtungsprogramm und berichtet seitdem monatlich über den Waldverlust. Guyra fand heraus, dass zwischen 2012 und Mitte 2018 über 2,9 Millionen Hektar bzw. 29.000 Quadratkilometer gerodet wurden – durchschnittlich 446.000 Hektor pro Jahr.[10] Diese Rodungen fanden größtenteils in Paraguay statt.

„In Paraguay haben wir in den letzten Jahren Abholzungsraten zwischen 200.000 und 300.000 Hektar pro Jahr erlebt, und bezogen auf den gesamten Gran Chaco sprechen wir hier von 500.000 bis 600.000 Hektar Waldfläche insgesamt“, so Alberto Yanosky, Umweltschützer und ehemaliger Chef von Guyra gegenüber Earthsight. Kurze Zeit, nachdem Guyra damit begonnen hatte, auf die Abholzung im Chaco aufmerksam zu machen, detonierte im Büro der Organisation eine Bombe, und Yanosky und seine Tochter erhielten Morddrohungen.[11]

Die Auswertung der neuesten Satellitendaten von Global Forest Watch des WRI durch Earthsight ergab, dass die Zerstörung des Gran Chaco wieder intensiviert wurde und im Jahr 2019 um 78 Prozent zunahm.[12] In Paraguay fiel alle zwei Minuten Wald von der Fläche eines Fußballfeldes den Bulldozern zum Opfer.[13]

Illegal deforestation at a ranch inside PNCAT, 2019 © Earthsight

Illegal deforestation at a ranch inside PNCAT, 2019 © Earthsight

Die Rolle der exportorientierten Agrawirtschaft

Überall im Gran Chaco treibt die Agrarwirtschaft die Entwaldung voran. In Argentinien kam es Mitte der Neunzigerjahre zu einer ersten Intensivierung der Rodungen, als die Regierung die Einführung gentechnisch veränderter Sojabohnen genehmigte.[14] In Paraguay, wo der Chaco zu trocken für den traditionellen Anbau von Sojabohnen ist, steht die Viehzucht für die Rindfleisch- und Lederproduktion hinter der Zerstörung.

Mitte der 2000er Jahre erreichten die Waldverluste im paraguayischen Chaco erstmals Weltspitzenniveau. Zuvor hatte sich die Landwirtschaft vor allem in der östlichen Hälfte Paraguays ausgebreitet, dem üppigen, reichlich mit Regen versorgten Areal, das der Río Paraguay vom trockenen Chaco-Gebiet trennt. Noch vor wenigen Jahrzehnten, in den 1970er Jahren, war dieses fruchtbare Land vom großen Atlantischen Regenwald, der Mata Atlântica, bedeckt, die sich von der brasilianischen Atlantikküste bis nach Paraguay erstreckte.

Heute sind in Paraguay kaum mehr sieben Prozent des Atlantischen Regenwalds erhalten, der weitreichenden Sojaplantagen gewichen ist. Um die endgültige Vernichtung dieses Urwaldes zu verhindern, wurde 2004 ein Moratorium für die Abholzung im östlichen Teil verhängt. Diese Maßnahme, für die sich regionale NGOs gemeinsam mit dem WWF eingesetzt hatten, war einerseits ein enormer Erfolg: Die Abholzung im Osten Paraguays ging innerhalb von zwei Jahren um 65 Prozent und innerhalb von fünf Jahren um 95 Prozent zurück.[15]

Das Moratorium hatte jedoch auch unbeabsichtigte Folgen. Zu der Zeit, als es in Kraft trat, erlebte die Rindfleischindustrie Paraguays einen echten Boom, die Rindfleischexporte verfünffachten sich von 36.000 Tonnen im Jahr 2003 auf 170.000 Tonnen im Jahr 2006.[16] Da das Moratorium die weitere Expansion behinderte, verkauften viele Viehzüchter ihre Ländereien im Osten an Sojaproduzenten und erwarben kostengünstigere, größere Landstriche im Chaco.

„50 Prozent der Sojabohnen im Osten Paraguays werden auf Land angebaut, das ursprünglich von Rancheros abgeholzt und später durch Soja ersetzt wurde“, erläutert Yanosky. „Die Viehzüchter rückten im Chaco ein, wo es billiges Land gab.“

Die Agrarwirtschaft hatte ein neues Gebiet entdeckt und marschierte geradewegs dort ein. Zwischen 2006 und 2007 verdreifachte sich die Entwaldung des Chaco in Paraguay und erreichte schließlich 320.000 Hektar pro Jahr – eine Fläche, die größer als Luxemburg und über 50 Mal so groß wie Manhattan ist. Seitdem hat sich an diesem Tempo kaum etwas geändert.[17]

Abb. 2: Waldfläche, die für die Viehwirtschaft im Chaco-Gebiet Paraguays gerodet wurde (kumulativ), 2001-2019

Die Aussterbeschuld

Die schnell voranschreitende Entwaldung stellt eine tödliche Bedrohung für die einzigartige Artenvielfalt des Chaco dar. Eine Studie der Humboldt-Universität zu Berlin aus dem Jahr 2018 geht davon aus, dass der Chaco in den kommenden Jahrzehnten von einer Welle der Ausrottung überrollt werden wird.[18] Die Forscher prognostizieren, dass über die Hälfte der im Chaco lebenden Vögel und ein Drittel der Säugetiere innerhalb von 10-25 Jahren in der Region aussterben werden, wenn nicht umgehend Maßnahmen zum Schutz der Natur umgesetzt werden.

Die Studie belegte, wie leicht es ist, die Auswirkungen der Entwaldung auf die Biodiversität zu unterschätzen, was auf eine zeitverzögerte Wirkung, die als „Aussterbeschuld“ (extinction debt) bezeichnet wird, zurückzuführen ist. Da im Zuge der Abholzung einzelne Waldstücke zurückbleiben, mag es zunächst den Anschein haben, als erlebe die Artenvielfalt einen plötzlichen Zuwachs, da diese Fragmente nun das einzige Rückzugsgebiet für die Tierwelt der Region sind. Hinzu kommt, dass durch die Einführung neuer Weideflächen und Wasserquellen für die Rinder auch neue Arten angelockt werden können.

Die vereinzelten Waldreste sind jedoch nicht in der Lage, auch nur einen Bruchteil der Populationen, die in ausgedehnten intakten Wäldern leben, zu erhalten. Nach einer kurzen Schonfrist schlägt die Axt zu und löst ein Massenaussterben aus.

„Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, wie lang die Verzögerung ist, bevor die Auswirkungen dieser Isolation ein Artensterben auslöst“, so Alberto Yanosky. „Normalerweise geschieht nach 15 oder 20 Jahren in diesen Waldstücken das, was wir ein Massenaussterben nennen.“

Zwanzig Prozent illegal - aber niemand hinter Gittern

Paraguay verfügt über einen klaren Rechtsrahmen, der sowohl die natürliche Artenvielfalt als auch die indigenen Völker des Landes schützen soll. Das 1973 eingeführte paraguayische Forstgesetz verpflichtet Grundbesitzer, 25 Prozent des Naturwaldes auf ihrem Land als „Waldreserve“ zu erhalten. Weitere 15 Prozent müssen als Schutzstreifen zwischen Abholzungsbereichen von 100 Hektar bewahrt werden. Falls Wasserquellen vorhanden sind, müssen weitere fünf Prozent zu deren Schutz erhalten werden.[19] Um die Einhaltung dieser Vorschriften sicherzustellen, müssen Landbesitzer vor der Rodung von Wald sowohl vom Umweltministerium des Landes als auch vom nationalen Forstinstitut entsprechende Genehmigungen erwerben.

Ähnliche Schutzvorkehrungen gibt es auch für das Land der indigenen Bevölkerung. Die Verfassung Paraguays legt fest, dass indigene Völker Anspruch auf Landgebiete haben, die „ihnen sowohl im Hinblick auf die Größe als auch die Qualität ausreichen, um ihre eigene Lebensweise zu erhalten und zu entwickeln“, und macht geltend, dass sie ohne ihre ausdrückliche Zustimmung nicht umgesiedelt werden dürfen.[20] Diese Grundrechte sind auch im bürgerlichen Recht verankert. So verbietet etwa Gesetz 43/89 des paraguayischen Strafgesetzbuches die Abholzung auf Land, das von indigenen Gemeinschaften beansprucht wird.[21]

Diese Gesetze werden jedoch regelmäßig umgangen. NGOs dokumentieren häufig Fälle von Beamten, die bei nicht genehmigten Abholzungen wegsehen.[22] Ezequiel Santagada, ein argentinischer Anwalt und Leiter des paraguayischen unabhängigen Instituts für Umweltrecht (IDEA), untersuchte unlängst im Rahmen einer einjährigen Recherche die Abholzungspraktiken im Chaco-Gebiet Paraguays.

„Was wir – mit all unseren Analysen – herausgefunden haben, ist, dass mindestens 20 Prozent der Abholzungen im paraguayischen Chaco-Gebiet illegal sind. Das sind mindestens 36.000 oder 37.000 Hektar illegaler Abholzung jedes Jahr“, so Santagada gegenüber Earthsight. „Und keine einzige Person sitzt dafür im Gefängnis.“

Diese Schätzung mag durchaus noch zu niedrig sein. Die Umweltvollzugsbehörde Paraguays, INFONA, hat ermittelt, dass von den 255.000 Hektar, die zwischen August 2017 und August 2018 im Chaco gerodet wurden, nur 194.000 Hektar durch eine Landnutzungsänderungserlaubnis genehmigt waren. Das legt den Schluss nahe, dass die verbleibenden 61.000 Hektar bzw. 24 Prozent der Gesamtfläche widerrechtlich abgeholzt wurden.[23]

Die reichen Agraindustriellen, die Paraguay führen

Diese Straflosigkeit wird von den engen Verbindungen zwischen politischer Macht, Grundbesitz und Agrarwirtschaft in Paraguay getragen.

Nirgendwo sonst auf der Welt ist das Land so ungleichmäßig verteilt wie in Paraguay. Neunzig Prozent des Landes in Paraguay sind in der Hand von gerade einmal 12.000 Großgrundbesitzern. Die verbleibenden 10 Prozent teilen sich über 280.000 kleine und mittelständische Produzenten.[24]

Vieles davon ist ein Erbe der 35 Jahre währenden Diktatur unter General Alfredo Stroessner, der auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges an die Macht kam. Im Rahmen der klientilistischen Netzwerke, mit deren Hilfe er das Land unter Kontrolle hielt, verteilte Stroessner sieben Millionen Hektar öffentlichen Landes an seine militärischen und politischen Verbündeten.[25]

Nachdem Stroessner 1989 aus dem Amt gedrängt worden war, wurden diese Grundstücke als „las tierras malhabidas“ bezeichnet – die unrechtmäßig erworbenen Ländereien. Menschenrechtsgruppen drängten darauf, die Grundstücke unter der armen Landbevölkerung Paraguays neu zu verteilen.[26] Aber obwohl das Stroessner-Regime inzwischen von einer noch jungen Demokratie abgelöst worden war, behielt seine politische Partei, die Colorado-Partei, abgesehen von vier Jahren auch in den 30 folgenden Jahren die Macht.

Die einzige Unterbrechung begann 2008, als ein ehemaliger Bischof namens Fernando Lugo an der Spitze einer Linkskoalition, die versprach, das Land unter den armen Landlosen Paraguays neu aufzuteilen, völlig überraschend die Wahl gewann. Dieses Projekt kam 2012 zu einem jähen Ende, als sechs Polizisten und 11 arme Landwirte während einer Auseinandersetzung um Land, das auf einen ehemaligen Vorsitzenden der Colorado-Partei eingetragen war, erschossen wurden. Obwohl die Umstände, wie es überhaupt zu der Schießerei kam, höchst verdächtig waren,[27] obwohl es Hinweise auf Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil gab und[28] Gesprächsmitschnitte aus Polizeihubschraubern verschwanden,[29] und obwohl in der Folgezeit ein Kronzeuge ermordet wurde,[30] diente die Auseinandersetzung als Vorwand für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Lugo.[31] Das Impeachment wurde von den Nachbarländern Paraguays als Staatsstreich verurteilt, die das Land daraufhin aus der regionalen Handelsorganisation Mercosur ausschlossen.[32]

Nicht einmal ein Jahr später war die Colorado-Partei erneut an der Macht. Horatio Cartes war nun am Ruder, einer der reichsten Geschäftsleute des Landes, der natürlich auch ausgedehnte Ländereien im Chaco besitzt, die er zum Teil von korrupten Colorado-Beamten erworben hatte.[33] Die Prioritäten seiner Regierung hatte er 2014 in einer Rede deutlich gemacht, in der er brasilianische Wirtschaftsbosse dazu aufgefordert hatte, Paraguay zu „nutzen und zu missbrauchen“.[34] Diese Prioritäten traten noch deutlicher zutage, als er einige Jahre später ein Dekret erließ,[35] das es Grundbesitzern im Chaco ermöglichte, seit langem geltende Vorschriften, wonach sie verpflichtet waren, vierzig Prozent Wald auf ihrem Grundbesitz zu erhalten, zu ignorieren.[36] Diese Maßnahme löste internationale Empörung aus und wurde, kurz nachdem Cartes zurückgetreten war, zu Fall gebracht – nicht jedoch, bevor er sämtlichen Wald auf seiner eigenen Ranch gerodet hatte.[37]

Cartes’ Nachfolger, der aktuelle Präsident Mario Abdo Benitez, kommt aus demselben Stall. Sein Vater war General Stroessners Privatsekretär und einer der größten Nutznießer der Großzügigkeit des Diktators bei der Verteilung öffentlicher Ländereien.

Horacio Cartes, President of Paraguay 2013-18, weakened environmental laws, enabling him to clear more forest on his own ranch © Marcelo Espinosa/Xinhua/Alamy Live News

Horacio Cartes, President of Paraguay 2013-18, weakened environmental laws, enabling him to clear more forest on his own ranch © Marcelo Espinosa/Xinhua/Alamy Live News

2. „Einfach so“: Wie Viehzüchter ins Land der indigenen Bevölkerung einfielen

Time-lapse of satellite imagery showing deforestation in the Paraguayan Chaco © Google Earth / Earthsight

Time-lapse of satellite imagery showing deforestation in the Paraguayan Chaco © Google Earth / Earthsight

Der „unkontaktierte“ Ayoreo-Stamm

Der Einfluss mächtiger Privatinteressen hat nicht nur die Fähigkeit des paraguayischen Staates untergraben, die Wälder zu schützen, sondern auch die Rechte der indigenen Bevölkerung zu wahren. Zu den Leidtragenden gehört auch das letzte „unkontaktierte“ indigene Volk auf dem amerikanischen Kontinent außerhalb des Amazonas-Regenwalds: die Ayoreo Totobiegosode.

Jahrhundertelang durchstreiften die Ayoreo die Wälder, Feuchtgebiete und Salztonebenen des nördlichen Chaco. Historisch gesehen gab es mehrere Untergruppen der Ayoreo, die jeweils in einem eigenen Gebiet nomadisierten. Man geht heute davon aus, dass inzwischen nur noch eine dieser Gruppen in freiwilliger Isolation lebt: die Ayoreo Totobiegosode, oder „Menschen vom Ort des wilden Schweins“.

Die Rodung der Wälder stellt für die Totobiegosode eine existenzielle Bedrohung dar. In jahrzehntelangen Kämpfen vor Gericht und vor Ort haben Aktivisten der Totobiegosode umfassende Schutzrechte für riesige Landstriche in den Wäldern des paraguayischen Chaco errungen – Wäldern, in denen ihre isolierten Verwandten leben. Trotz dieser Siege fallen die Unternehmen der Farmer auch weiterhin in dieses Land ein – mit der schweigenden Mitwisserschaft ihrer Freunde in der Regierung.

Unerwünschter Kontakt

Aufgrund der Abgeschiedenheit des Chaco gab es bis ins zwanzigste Jahrhundert keine größeren Siedlungsaktivitäten auf dem Land der Ayoreo. Nach den Erschütterungen des Ersten Weltkriegs wanderten mennonitische Bauern – Mitglieder einer konservativen Täufersekte, die ursprünglich aus Friesland stammte – aus Kanada und Russland in die Region ein.

Die Mennoniten brachten zwei Kräfte mit, die den Chaco in Paraguay transformieren sollten: die industrielle Landwirtschaft und die evangelikale Religion.

In den nachfolgenden Jahrzehnten konkurrierten Mennoniten, Katholiken und andere Missionare darum, mit den indigenen Völkern des Chaco in Kontakt zu kommen und sie zu konvertieren. Eine Organisation mit Sitz in Florida, die New Tribes Mission, hatte es besonders auf die Ayoreo abgesehen. Nachdem 1966 erstmals Kontakt hergestellt worden war, erzählten die Missionare den Ayoreo, das Ende der Welt sei nahe, der Wald werde schon bald zerstört und sie könnten nur durch einen Umzug in die Siedlungen der Missionare überleben.[38]

Zu dieser Zeit gab es mehrere Untergruppen der Ayoreo, die im paraguayischen Teil des Chaco lebten.[39] Die Totobiegosode lebten am weitesten südlich und waren schon bald dafür bekannt, sich der Botschaft der Missionare erbittert zu widersetzen.[40]

Die Verkünder des Evangeliums ließen sich jedoch nicht abschrecken und spürten Totobiegosode-Gruppen mithilfe kleiner Flugzeuge in den Wäldern auf.[41] Anfang der 1990er Jahre lebten viele Totobiegosode gemeinsam mit anderen Ayoreo bereits in schlichten Missionssiedlungen außerhalb ihrer Stammesgebiete. Sie dienten als praktische Quelle für billige Arbeitskräfte, die auf den Rinderfarmen eingesetzt wurden, die überall im paraguayischen Chaco wie Pilze aus dem Boden schossen.

„Es war so, als setzten die Missionare ihre Evangelisation dazu ein, das dem Volk der Ayoreo gehörende Land zu roden“, bemerkte Mateo Sobode Chiquenoi, Präsident der Native Ayoreo Union Paraguays, im Jahr 2010. „So war es für die Viehzüchter ein Leichtes, fast unser gesamtes Land aufzukaufen, einige wenige einflussreiche Weiße haben unser Gebiet also einfach so übernommen.[42]

'Uncontacted’ Ayoreo Totobiegosode forced off their land inside PNCAT in 2004 by cattle ranching © Survival International/GAT

'Uncontacted’ Ayoreo Totobiegosode forced off their land inside PNCAT in 2004 by cattle ranching © Survival International/GAT

The land claim letter sent by Totobiegosode representatives to Paraguayan authorities in 1993

The land claim letter sent by Totobiegosode representatives to Paraguayan authorities in 1993

Das lezte Refugium wird verteidigt

Angesichts des doppelten Anschlags auf ihr Land und ihre Kultur durch Farmer und Missionare wurden die Totobiegosode in den Missionsstationen bald unruhig. Dann, im September 1991, löste ein Artikel auf den hinteren Seiten der paraguayischen Zeitungen einen Aufstand aus.

Ein mennonitischer Landwirt war im Zuge der Ausweitung seiner Weidegebiete mit einem Bulldozer durch ein Lager isoliert lebender Totobiegosode gefahren, sodass die Familien flüchten mussten. Diese Nachricht, die nicht nur belegte, dass es das Land ihrer Vorfahren noch gab, sondern auch, dass ihre Verwandten nach wie vor dort lebten, ermutigte die Totobiegosode, um die Kontrolle über ihre Stammesgebiete zu kämpfen.[43]

Im Jahr 1993 reiste eine Delegation von Vertretern der Totobiegosode nach Asuncion, um auf Rückgabe ihres Landes zu klagen. Angesichts der Tatsache, dass ihr Gebiet durch eine Straße in zwei Hälften geteilt war, beschlossen sie, um einen Landbesitzanspruch auf 550.000 Hektar auf der östlichen Seite der Straße zu kämpfen.[44]

1997 brachte der Prozess erste Ergebnisse. In diesem Jahr übertrug das staatliche Landinstitut Paraguays den ersten Eigentumstitel innerhalb des Gebiets an die Totobiegosode. Im Jahr 1998 verabschiedete das Kulturministerium Paraguays einen Beschluss, der die kulturelle Bedeutung des angestammten Landes der Totobiegosode bestätigte.[45] Drei Jahre später erkannte es das Gebiet von 550.000 Hektar auch offiziell an, indem es als Natur- und Kulturerbe der Ayoreo Totobiegosode bzw. PNCAT – nach seiner spanischen Abkürzung (Patrimonio Natural y Cultural Ayoreo Totobiegosode) – ausgewiesen wurde.[46]

Kurze Zeit später wurden den Totobiegosode zwei weitere Grundstücke übertragen, sodass sich ihr freier Grundbesitz um weitere 69.000 Hektar vergrößerte.

Für die Ayoreo war es jedoch ein Wettlauf gegen die Zeit, denn auch die Unternehmen der Farmer hatten es auf Eigentumstitel an demselben Land abgesehen. Im Jahr 2002 erwarb das brasilianische Viehzuchtunternehmen Yaguarete Porá ungeachtet der im Rahmen der Beschlüsse von 1998 und 2001 gewährten Schutzrechte einen Titel auf 78.000 Hektar Land innerhalb des PNCAT.[47] Gleich darauf ließ das Unternehmen Bulldozer auffahren, die in Vorbereitung auf die Rodungsarbeiten auf einer Strecke von 60 km neue Straßen in den Urwald trieben – mitten ins Herz des Reservats.[48]

Die Ayoreo meldeten die Rodungen der Umweltstaatsanwältin Bernarda Alvarez. Alvarez ließ die Vorgänge untersuchen und bestätigte, dass das wiederholte Eindringen der Bulldozer und anderen schweren Geräts widerrechtlich sei. „Diese Unternehmen vermessen ohne Umweltverträglichkeitsstudie das Land, und noch schlimmer dabei ist, dass auf die Existenz isoliert lebender Völker in dem Gebiet keinerlei Rücksicht genommen wird“, berichtete Alvarez seinerzeit. Sie machte zudem deutlich, dass die neue Straße, die durch das Grundstück getrieben worden war, durch bedeutende historische Stätten der Totobiegosode führte, darunter alte Begegnungsstätten, an denen verschiedene Gruppen zusammenkamen, sowie Bereiche mit fruchtbarem Boden, die in den Sommermonaten für den Anbau von Kulturen genutzt wurden.[49]

Yaguarete Porá stellte die weiteren Arbeiten zwar vorerst ein, doch für die Ayoreo wurde es zu einem „Hase und Igel“-Spiel. Während sie gegen einen Übergriff vorgingen, drangen bereits an anderer Stelle Maschinen in ihr Land ein. Dreizehn verschiedene Farmen hatten Eigentumstitel erworben und deckten damit den Großteil des Gebiets ab. Weitere Straßen wurden von anderen Firmen in den PNCAT getrieben. Einige Jahre blieb das Gebiet zwar von großflächigen Abholzungen verschont, während Investoren, die bereits ihr Revier markiert hatten, sich zunächst auf näher gelegene Grundstücke konzentrierten. Doch spätestens 2004-2005 brach sich die Welle, die den Chaco überrollen sollte, bereits an den Ufern der Region, und die Umwandlung des Landes begann nun in vollen Zügen.

The government resolution issued in 1998 affirming the cultural significance of Totobiegosode's ancestral lands

The government resolution issued in 1998 affirming the cultural significance of Totobiegosode's ancestral lands

The Paraguayan Chaco has been carved up into giant ranches © Earthsight

The Paraguayan Chaco has been carved up into giant ranches © Earthsight

Aus dem eigenen Wald ausgehungert

Die apokalyptischen Auswirkungen, die die Entwaldung auf die Totobiegosode hatte, wurden im Jahr 2004 besonders deutlich, als eine isoliert lebende Gruppe den Wald verließ.

Lucas Bessire, ein amerikanischer Anthropologe, suchte die Gruppe in den Wochen nach dem ersten Kontakt immer wieder auf, um sich anzuhören, was sie über ihre letzten Monate im Wald zu berichten hatten. „Sie waren oft gezwungen, in den 15 Meter breiten Unterholzstreifen zu lagern, die als Windschutz um die riesigen Viehweiden herum stehengelassen worden waren“, berichtete er. „Lange Zeit verständigten sie sich ausschließlich mit Pfeiftönen, selbst die Kinder sprachen im Flüsterton. Wenn sie einen Stiefelabdruck entdeckten oder eine Kettensäge hörten, flohen sie so schnell und weit wie möglich und ließen dabei alles zurück.“[50]

Im Hinblick auf die Entscheidung der Gruppe sagte Taguide Picanerai, Leiter einer Organisation für die Rechte der Totobiegosode und in dem Dorf ansässig, wo sie sich ansiedelten, gegenüber Earthsight: „Sie haben den Wald verlassen, weil ihre Chancen dort zu überleben, mit jedem Tag geringer wurden: Der Wald, der Eami, wie die Ayoreo sagen, wurde immer kleiner, und wenn er kleiner wird, wird es auch schwerer, Wasser und Nahrung zu finden – die Früchte und Tiere zu finden, die die Ayoreo essen.“

Wenige Monate, nachdem sie den Wald verlassen hatten, richtete ein Anführer der Gruppe, Esoi Chiquenoi, einen Aufruf an die paraguayischen Behörden. „Als wir die Bulldozer hörten, hatten wir große Angst. Wir flüchteten und suchten uns einen anderen Platz für unser Lager, um ihnen zu entkommen. Wir fordern die Behörden auf, den Wald nicht anzutasten, den Wald bestehen zu lassen und die Bulldozer aufzuhalten, denn der Wald gibt uns Leben.“[51]

Ungezügelte Abholzung

Chiquenois Appell verhallte jedoch ungehört. Im Folgejahr begann auf einer Ranch in der südöstlichen Ecke des PNCAT die erste großflächige Umwandlung in Weideland. Im Jahr 2007 öffneten sich schließlich die Schleusen, und die ungezügelte Entwaldung begann auf breiter Front. Ein entscheidender Moment war der schockierende Beschluss des paraguayischen Umweltministeriums, Yaguarete Porá – der Firma, die als erste in den Wald eingedrungen war – die Abholzung von 1.500 Hektar Wald zu genehmigen.

Zu der Zeit, als diese Genehmigung erteilt wurde, nahm das Ministerium gerade an einem Forum zu den Gebietsansprüchen der Totobiegosode teil, das unter dem Titel „Ein interinstitutioneller Runder Tisch für die Konsolidierung des PNCAT“ stattfand. Unter Leitung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) brachte das Forum über ein Dutzend private und öffentliche Organisationen mit Vertretern der Totobiegosode zusammen. Das Ministerium erteilte Yaguarete die Genehmigung für ein Gebiet im PNCAT, während gleichzeitig die Gespräche liefen – ohne auch nur einen der Teilnehmer des Forums zu konsultieren.

Der Beschluss, die Genehmigung zu erteilen, hatte kaum eine gesetzliche Grundlage. Nicht nur wurde das Land des PNCAT von indigenen Gruppen beansprucht,[52] es genoss zudem die vom paraguayischen Institut für die indigene Bevölkerung gewährten Schutzrechte.[53]

Entsprechend wurde von verschiedenen Behörden gefordert, die Genehmigung aufzuheben. Das Amt des Präsidenten des Rechnungshofes ordnete eine gerichtlich relevante Untersuchung an, kam zu dem Schluss, dass die Genehmigung widerrechtlich erteilt worden war und reichte Strafanzeige beim Generalstaatsanwalt ein.[54] Auch der Nationale Umweltrat (CONAM) prüfte die Genehmigung, zweifach sogar, und kam beide Male zu dem Schluss, dass sie zurückgenommen werden müsse.

Schließlich widerrief das Umweltministerium die Genehmigung im November 2008 tatsächlich – zu diesem Zeitpunkt hatte Yaguarete allerdings schon mehr als 2.000 Hektar Wald im PNCAT abgeholzt.[55] Es folgte eine Untersuchung des Genehmigungsverfahrens, und im Jahr 2010 wurde Yaguarete von einem Verwaltungsgericht zur Zahlung von 16.000 USD verurteilt, weil das Unternehmen in seiner Umweltverträglichkeitsstudie die Anwesenheit isoliert lebender Gruppen unterschlagen hatte.[56] Das Gericht entschied, Yaguarete müsse zunächst eine neue Bewertung vorlegen, bevor die Genehmigung erneut erteilt werden könne – was implizit bedeutete, dass die Genehmigung aufgrund der Anwesenheit isoliert lebender Gruppen nicht erteilt werden würde.

Ende 2013 erteilte das Umweltministerium jedoch unter eklatanter Missachtung des Gerichtsbeschlusses die Genehmigung erneut, ohne dass Yaguarete irgendwelche neuen Unterlagen vorgelegt hätte.[57] Die neue Genehmigung entfesselte eine neue Welle katastrophaler Rodungen.[58] Im Zeitraum von 2014 bis 2015 zerstörten die brasilianischen Rancher 5.500 Hektar Wald.[59]

Dass sich Yaguarete (dessen Name übersetzt „für Jaguare“ bedeutet) zur selben Zeit als Pionier der ökologischen Verantwortung gerierte, erstaunt schon einigermaßen. Yaguarete hatte sich sogar dem Global Compact der Vereinten Nationen angeschlossen, einem Zusammenschluss von Unternehmen, die für sich in Anspruch nehmen, beim Umweltschutz und der Wahrung von Menschenrechten führend zu sein. Die Lageberichte des Unternehmens erwähnten die widerrechtlichen Handlungen, in die das Unternehmen verwickelt war, und die Proteste indigener Bevölkerungsgruppen gegen das Vorgehen der Firma jedoch mit keinem Wort.[60]

Trotz zahlreicher klar formulierter Beschlüsse und Zusagen hatte der paraguayische Staat beim Schutz der Totobiegosode-Gebiete auf ganzer Linie versagt.

Entrance to the Yaguarete Pora ranch, the Brazilian firm is linked to illegal clearances in the Paraguayan Chaco © Earthsight

Entrance to the Yaguarete Pora ranch, the Brazilian firm is linked to illegal clearances in the Paraguayan Chaco © Earthsight

Uncontacted Indians in Brazil show they don’t want contact with outsiders © G. Miranda/FUNAI/Survival, 2008

Uncontacted Indians in Brazil show they don’t want contact with outsiders © G. Miranda/FUNAI/Survival, 2008

Das Menschenrect au freiwillige Isolation

Diese Rodungen stellen eine existenzielle Bedrohung für die Totobiegosode-Gruppen dar, die in den Wäldern des paraguayischen Chaco nach wie vor in freiwilliger Isolation leben. Seit 2004 werden Hinweise auf ihre Anwesenheit von Iniciativa Amotocodie, einer NGO, die sich für die Rechte der Ayoreo einsetzt, dokumentiert. In der Wildnis des Chaco sind dies eindeutige Zeichen: verlassene Hütten, Jagdspeere, Löcher in Quebracho-Bäumen, um an Honig zu kommen, Stammesmarkierungen, die in die Rinde geritzt sind. Sie sind noch da.

Da die Totobiegosode als indigenes Volk in freiwilliger Isolation leben, stehen ihre Rechte im internationalen Menschenrechtsgesetz unter umfassendem Schutz. Ein elementares Recht ist dabei das Recht auf Selbstbestimmung, was im Fall unkontaktierter Völker auch das Recht, isoliert zu leben, umfasst. Ein Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR, Teil der Organisation Amerikanischer Staaten oder OAS, einer regionalen zwischenstaatlichen Gruppe) aus dem Jahr 2013 betont, dass dieses Recht bewusst wahrgenommen wird: „Menschen in freiwilliger Isolation können genau genommen nicht als „unkontaktiert“ gelten, weil viele von ihnen, oder ihre Vorfahren, durchaus schon mit Menschen außerhalb ihres eigenen Volkes Kontakt hatten“, so der Bericht.[61] Ferner heißt es dort: „Die meisten dieser Kontakte sind gewaltsam verlaufen und hatten ernste Konsequenzen“ für die indigenen Völker, was dazu geführt hat, dass sie „den Kontakt ablehnen und zu einem Zustand der Isolation zurückgekehrt sind“.

Darüber hinaus haben die Vereinten Nationen (UN) festgelegt, dass sich das Zurückziehen vor Kontakt so zu interpretieren ist, dass damit auch die Einwilligung zu Aktivitäten auf dem Gebiet eines indigenen Volkers verweigert wird. Im Jahr 2012 gab das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte konkrete Richtlinien zu den Rechten isoliert lebender Völker im Amazonasgebiet und im Gran Chaco heraus; darin wird empfohlen, dass „die Gebiete, die von Staaten für Menschen in freiwilliger Isolation oder in frühen Phasen des Kontakts abgegrenzt wurden, unantastbar sein müssen ... es dürfen keine Rechte zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen gewährt werden.“[62]

Internationale Veruteilung

Angesichts der Unfähigkeit des paraguayischen Staates, seiner Verpflichtung zum Schutz des Totobiegosode-Gebiets nachzukommen, wandten sich die Totobiegosode schließlich anderswo um Unterstützung: bei den Vereinten Nationen und der OAS.

Im November 2014 reiste die UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte indigener Völkernach Paraguay, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Ihr Bericht konstatierte „ein weit verbreitetes Defizit an Rechtsschutz für die Rechte indigener Völker an ihrem Land, ihren Gebieten und Ressourcen, die unerlässlich sind, um ihr Überleben zu sichern und ihre Würde zu wahren“, was „zahlreiche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen“ zur Folge habe. Sie rief die Regierung dazu auf, die Situation als „Notfall“ zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko unerwünschten Kontakts mit isoliert lebenden Ayoreo auszuschließen.[63]

Die Viehzuchtunternehmen ließen sich von dem Bericht jedoch nicht abschrecken. Viele ließen weiterhin Wald abholzen, so auch Yaguarete, das im Jahr 2015 weitere 2.000 Hektar Wald einebnete.

Dann, im Februar 2016, erkannte die IACHR dem PNCAT einen Schutzstatus zu und erklärte, dass „die in freiwilliger Isolation lebenden Gemeinschaften des Volkes der Ayoreo Totobiegosode sich in einer ernsten und drängenden Situation befinden, da ihr Recht auf Leben und persönliche Unversehrtheit mutmaßlich gefährdet sind.“ Per Vorbeugende Maßnahme 54-13 wies die IACHR die paraguayische Regierung an, dafür zu sorgen, dass die Entwaldung von Totobiegosode-Land unverzüglich eingestellt wird.[64]

Durch die Anordnung der IACHR wurde die Entwaldung im PNCAT zwar verlangsamt, aber nicht gestoppt. Yaguarete ließ 2017 900 Hektar abholzen, weitere Rodungsarbeiten fanden außerdem auf Farmen im Zentrum und Nordwesten des Areals statt.[65]

Als Reaktion darauf und mit dem Ziel, die vorbeugenden Maßnahmen der IACHR zu stärken, verabschiedete das Nationale Forstinstitut Paraguays (INFONA) im Februar 2018 mehrere Entschließungen, alle Pläne zur Änderung der Landnutzung, die für Grundstücke innerhalb des PNCAT genehmigt worden waren, außer Kraft zu setzen.[66] Alle verbliebenen Ungewissheiten bezüglich der Rechtmäßigkeit der Abholzungen in dem Gebiet waren damit ausgeräumt: Ohne gültigen Plan des INFONA ist die Abholzung von Wald zweifelsfrei illegal.

Das bereits abgeholzte Land, wo Tausende Rinder nun für die Schlachtung durch Yaguarete und andere gemästet werden, bringt dies jedoch nicht mehr zurück. Und während die neuen Vorschriften zwar eine kurze Verschnaufpause brachten, standen die Bulldozer nicht lange still.

Victoria Tauli-Corpuz, the UN Special Rapporteur on the Rights of Indigenous Peoples from 2014-2020  © UN / Jean-Marc Ferré

Victoria Tauli-Corpuz, the UN Special Rapporteur on the Rights of Indigenous Peoples from 2014-2020  © UN / Jean-Marc Ferré

3. Leder und illegale Abholzung auf dem Land eines isoliert lebenden Stammes

Cattle trucks in the Paraguayan Chaco destined for slaughterhouses © Earthsight

Cattle trucks in the Paraguayan Chaco destined for slaughterhouses © Earthsight

© Earthsight

© Earthsight

Anhaltende illegale Abholzung im PNCAT

Der PNCAT ist sehr abgelegen. Vor nicht allzu langer Zeit war es vielleicht noch möglich, dort Wald einzuebnen, ohne dass jemand etwas davon mitbekommen hätte. Doch in der Zeit frei verfügbarer hochauflösender Satellitenbilder lassen sich die Aktivitäten der illegalen Abholzungsbrigaden dort nicht mehr verheimlichen.

Im Jahr 2017 veröffentlichte Earthsight einen vernichtenden Bericht darüber, dass in europäischen Supermärkten verkaufte Holzkohle aus im paraguayischen Chaco abgeholzten Wäldern hergestellt wird.[67] Seit dieser Zeit überwachen wir die Satellitenbilder aus diesem Gebiet engmaschig. Nachdem mit der INFONA-Entscheidung aus dem Februar 2018 klar war, dass die Rodung von Wald auf dem Land des isoliert lebenden Totobiegosode-Stammes in Paraguay illegal ist, zeigten die Bilder keine Rodungsaktivitäten auf der Yaguarete-Porá-Farm mehr. Doch nur zwei Monate nach der INFONA-Entscheidung tauchten auf einmal in einem anderen Bereich des PNCAT nördlich der Farm neue gelbe Streifen auf.

Neues Bildmaterial lag regelmäßig alle paar Tage vor, und so konnten wir entsetzt verfolgen, wie Bulldozer damit begannen, Wald auf beiden Seiten eines wichtigen Flusslaufs, auf einer 5 Kilometer tiefen und 8 Kilometer breiten Fläche, systematisch zu roden. Da die Arbeiten sehr effizient, einheitlich und zügig vonstattengingen, bestand kein Zweifel daran, dass wir es hier mit industrieller Abholzung für die Viehwirtschaft zu tun hatten. Zwanzig Fußballfelder vielen den Maschinen pro Tag zum Opfer. Schließlich waren innerhalb weniger Monate 2.100 Hektar wertvollen Waldes verloren.

Dann, im Sommer des darauffolgenden Jahres, läuteten noch mehr Alarmglocken, als die Satellitenbilder neue Rodungen auf einer Farm auf der anderen Seite des PNCAT, 60 Kilometer entfernt, offenbarten. In nur sechs Wochen verschwanden 520 Hektar Wald vor unseren Augen, eine Fläche, die fast viermal so groß ist wie der weitläufige Hyde Park in London (siehe Abb. 4).

Abb. 6: Für die Viehwirtschaft im PNCAT gerodeter Wald, 2005-2019 (kumulativ), nach Farm.

Illegale Abholzungen zu entdecken, ist inzwischen für Experten zwar recht einfach, doch die Schuldfrage lässt sich aus 500 Meilen Entfernung von der Erde nicht klären. Um die Abholzung zu stoppen, muss man wissen, mit wem man es zu tun hat und woher das Geld kommt. Earthsight machte sich also daran festzustellen, wer für diese neuen Rodungen verantwortlich ist, wohin die Rinder von diesen und anderen Farmen im PNCAT gehen und wo die Erzeugnisse von diesen Rindern schließlich landen. Gleichzeitig begannen wir, der Korruption und der Einflussnahme nachzugehen, aufgrund derer die Farmer ungeschoren davon davonkommen.

Ende 2019 bereiste Earthsight das Land der Totobiegosode im entlegenen Teil des paraguayischen Chaco. Wir trafen uns mit indigenen Gemeinschaften, die gegen die Rodungen kämpfen und uns ausnahmsweise erlaubten, die illegale Abholzung auf ihrem Gebiet zu dokumentieren. Obwohl inzwischen zehntausende Kilometer Straße, die von den Ranchern gebaut wurde, kreuz und quer durch den Chaco verlaufen, gibt es keine Karten. GPS-Geräte und Satellitenbilder ermöglichten jedoch die Navigation vor Ort, sodass wir die Zerstörung filmen konnten; Gespräche mit Arbeitern und Fahrern von Viehtransportern lieferten uns frische Informationen zu den Verantwortlichen.

Wir entdeckten, dass die Rodungsarbeiten, die 2018 nördlich von Yaguarete Porá stattfanden, auf das Konto eines brasilianischen Unternehmens, der Caucasian SA, gingen, die sich zur Rechtfertigung ihres Vorgehens auf eine Umweltgenehmigung berief, die dem früheren Eigentümer der Farm, der Agro Inversora Occidental SA, erteilt worden war. Im Auftrag von Totobiegosode-Aktivisten tätige Anwälte berichteten uns, wie sie Ende 2018 gegen die Caucasian geklagt hatten, was zu einem außergerichtlichen Vergleich geführt hatte, in dem sich das Viehwirtschaftsunternehmen bereit erklärt hatte, die Abholzung des Waldes einzustellen und Schadenersatz zu zahlen. Kaum ein Jahr später ließ Caucasian seine Bulldozer jedoch erneut starten. Satellitenbilder zeigen ein Gebiet von 663 Hektar, das in nur zwei Monaten, im Oktober und November 2019, abgeholzt wurde.

A cattle ranch belonging to Brazilian company Caucasian SA © Earthsight

A cattle ranch belonging to Brazilian company Caucasian SA © Earthsight

The offices of Chortitzer, one of Paraguay's biggest beef exporters © Earthsight

The offices of Chortitzer, one of Paraguay's biggest beef exporters © Earthsight

Wer genau hinter den Rodungsarbeiten auf der anderen Seite des PNCAT steckte, war nicht so leicht festzustellen. Alten Flurkarten zufolge war die fragliche Ranch früher auf den Namen Angela Beatriz Oddone Scavone eingetragen, die einen Großteil des Waldes in den frühen 2010er Jahren abgeholzt hatte. Seitdem hatten die Eigentümer jedoch mehrfach gewechselt. Arbeiter auf der Ranch erzählten uns, sie gehöre nun einem mennonitischen Landwirt namens Felix Krahn, Gesellschafter der mennonitischen Landwirtschaftskooperative und des Fleischwarenriesen Chortitzer. Im Rahmen anschließender Recherchen im Grundbuchamt Paraguays konnte bestätigt werden, dass Chortitzer die Ranch im April 2019 erworben hatte, kurz bevor die jüngsten Abholzungsarbeiten begannen.[68] Arbeiter erzählten uns, die Rodung sei für eine Viehkoppel, was die Erklärung sein mag, die Felix Krahn allen anzudrehen versucht, aber ein seltsamer Grund, ein Gebiet einzuebnen, das groß genug ist, um drei Millionen Kühe einzuhegen[69] – ein Fünftel des gesamten paraguayischen Herdenbestands.[70]

Bis Ende 2019 waren rund 530 Quadratkilometer Land innerhalb des Gebiets des isoliert lebenden Stammes abgeholzt und von Viehzuchtunternehmen mit Rindern zur Rindfleischproduktion und Lederherstellung für den Export besiedelt worden.[71] In den letzten fünf Jahren fanden fast alle dieser Rodungen bei Yaguarete Porá oder auf den Caucasian bzw. Chortitzer gehörenden Farmen statt (siehe Table 1). Trotz intensivster Bemühungen der Ayoreo-Aktivisten und obwohl der Umfang der rechtlichen Schutzbestimmungen für ihr Land immer weiter zunimmt, breitet sich die Viehhaltung immer weiter aus.

Earthsight wollte Yaguarete Pora, Caucasian und Chortitzer Gelegenheit geben, unsere Ergebnisse vor der Veröffentlichung zu kommentieren. Trotz umfangreicher Bemühungen konnten keine Kontaktdaten für Kaukasier gefunden werden. Von den beiden anderen Unternehmen wurden keine Antworten erhalten.

Wie die Agraindustrie dami durchkommt - Korruption und Einschüchterung zur Unterminierung von Umweltkontrollen

Um besser zu verstehen, wie es sein kann, dass die Farmer auch weiterhin mit der illegalen Abholzung von Wald im industriellen Maßstab überall in Paraguay durchkommen, und zwar auch auf dem wertvollen Land der „unkontaktierten“ Totobiegosode, reiste Earthsight in die Hauptstadt Asuncion. Dort trafen wir uns mit Whistleblowern von staatlichen Stellen und ermittelten verdeckt im Umfeld von Immobilienhändlern. Obwohl uns keine Beweise vorliegen, die darauf hindeuten, dass eines der in unserem Bericht erwähnten Unternehmen solche Praktiken anwendet, vermitteln die von diesen Quellen gesammelten Informationen doch ein deutliches Bild davon, wie sich die Agrarwirtschaft in Paraguay rücksichtslos über Umweltkontrollmechanismen hinwegsetzt.

Earthsight sprach mit ehemaligen und aktuellen Mitarbeitern des paraguayischen Umweltministeriums. Sie alle schilderten eine institutionelle Kultur, die die Interessen der Landbesitzer-Klasse in Paraguay über das Umweltrecht stellt und wo hochrangige Persönlichkeiten dafür sorgen, illegale Abholzungen reinzuwaschen.

Eine ehemalige Beamtin, Karen Colman, ermittelte und meldete Dutzende Fälle illegaler Abholzung zunächst an ihre Vorgesetzten im Ministerium und schließlich an den Generalstaatsanwalt Paraguays. In beiden Fällen wurde ihr mit Schweigen begegnet. Als sie versuchte, die Sache weiter zu verfolgen, habe man sie angewiesen, den Mund zu halten und dafür zu sorgen, dass die Genehmigungen, mit denen die unerlaubten Rodungen legalisiert werden sollten, erteilt werden können. Als sie sich auch weiterhin widersetzte, wurde sie von leitenden Beamten des Ministeriums zu einem Treffen mit Vertretern der Landbesitzer geschickt, deren illegale Abholzung reinzuwaschen sie sich weigerte. Während des Gesprächs mit Earthsight brach Karen zusammen, als sie berichtete, wie die Vertreter sie versuchten zu bestechen und, als das nicht funktionierte, sie einzuschüchtern. Nachdem man ihr ihre üblichen Aufgaben entzogen und ihr stattdessen etliche zunehmend lästige und gefährliche Arbeiten übertragen hatte, sah sie sich schließlich gezwungen, das Ministerium zu verlassen.[72]

Ein derzeitiger Mitarbeiter des Umweltministeriums berichtete zudem von dienstälteren Beamten, die jüngere Mitarbeiter anwiesen, Genehmigungen zu erteilen, obwohl eindeutig Unregelmäßigkeiten vorlagen. Kollegen sei gesagt worden: „Das ist eine Anforderung vom Minister. Sie müssen diese Genehmigung erteilen.“

Nach paraguayischem Recht gelten für den Verkauf von Land, das einem indigenen Volk zugewiesen ist oder von einem indigenen Volk beansprucht wird, Beschränkungen.[73] Doch wie auch bei der Erteilung von Umweltgenehmigungen werden solche Schutzmechanismen häufig umgangen. Um mehr Licht in die undurchsichtige Realität des Landerwerbs im paraguayischen Chaco zu bringen, nahm Earthsight verdeckte Ermittlungen auf und gab sich als Investor mit Interesse an der Viehzucht aus.

© Earthsight

© Earthsight

Earthsight undercover meeting with land broker GD Agronegocios © Earthsight

Earthsight undercover meeting with land broker GD Agronegocios © Earthsight

Wir trafen eine Grundstücksmaklerfirma namens GD Agronegocios mit Sitz in Encarnacion im Süden des Landes. Während des kurzen Treffens bot uns die Firma nicht nur ein, sondern zwei Grundstücke auf dem von den Totobiegosode beanspruchten Land an. Eines dieser Grundstücke wurde offiziell den Totobiegosode zugesprochen und war früher Gegenstand eines erbitterten Streits zwischen ihnen und dem argentinischen Viehzuchtunternehmen Itapoti S.A.[74] Das zweite Grundstück umfasst eine in Betrieb befindliche Rinderfarm namens AgroRendá mit 32.000 Hektar im Norden des Landes.

In beiden Fällen erkundigte sich Earthsight, ob Wald auf diesen Farmen gerodet werden könne – ein Vorgehen, das nach der Aufhebung der Landnutzungsänderungspläne durch INFONA zweifelsfrei illegal ist. Die Vertreter von GD versicherten uns, wir könnten ohne Weiteres die erforderlichen Dokumente erhalten. „Hier bekommt man alles: Wenn Sie etwas suchen, bekommen Sie es auch“, so einer unserer Gesprächspartner, der damit andeutete, es hänge mehr von persönlichen Beziehungen ab als von einem gültigen Antrag. „Ich habe einen Freund, der sitzt im Umweltministerium, ein Ingenieur, und wenn Sie irgendwann mal etwas nicht bekommen, hilft er Ihnen.“[75] Der Inhaber der Firma, German Drachenberg, ging sogar noch einen Schritt weiter und sagte gegenüber Earthsight, wir könnten durchaus schon mit der Rodung des Waldes beginnen, ohne eine Freigabe vom Umweltministerium abwarten zu müssen, solange wir die notwendigen Unterlagen einreichen.

Als verantwortungsbewusster Investor fragte Earthsight wiederholt nach, ob es vielleicht Probleme mit indigenen Gruppen oder anderen lokalen Gemeinschaften gibt, die sich unseren Plänen, das Weideland auszudehnen, in den Weg stellen könnten. Der GD-Vertreter blieb unbeirrt: „Es gibt null Probleme in diesem Gebiet, das ist die Zukunft Paraguays“, sagte er. „Punkt: Es gibt kein Risiko.“[76]

Als wir Agronegocios vor der Veröffentlichung unsere vorläufigen Ergebnisse vorstellten, behauptete die Firma, für die Grundstücke, die sie anbiete, bestünden Rechtstitel, aktuelle Nutzungspläne und genehmigte Umweltverträglichkeitsstudien; wenn frühere Eigentümer der Grundstücke rechtswidrig gehandelt hätten, so sei das „nicht Sache unseres Unternehmens“.

Wer den Kühen folgt, kommt den Geld auf die Spur

Durch die Rodungen von PNCAT-Wald soll Weideland für die Aufzucht von Rindern geschaffen werden, die dann gewinnbringend an Schlachthöfe verkauft werden. Um dem Geld auf die Spur zu kommen, mussten wir also den Kühen folgen. Mithilfe von Informationen, die wir aus verschiedenen Quellen in der regionalen Viehwirtschaft zusammengetragen hatten, konnten wir Verbindungen zwischen dem Verkauf von Rinden von Farmen im PNCAT und den wenigen riesigen fleischverarbeitenden Unternehmen Paraguays herstellen. Deren Fabriken schlachten zusammengenommen täglich sechstausend Kühe[77] – oder rund eine Kuh alle sieben Sekunden; dabei sind nahezu sämtliche Erzeugnisse, die aus den Rindern produziert werden, für den Export bestimmt.

Rinder von Caucasian, erfuhren wir, werden mit dem LKW nach Belen transportiert, eine Stadt rund 250 Kilometer südöstlich des PNCAT. Dort werden sie an FrigoAthena verkauft, eine Tochter des brasilianischen Rindfleischriesen Minerva, eines der größten fleischverarbeitenden Unternehmen weltweit. Ein LKW-Fahrer, mit dem wir sprachen, bestätigte, nur wenige Monate zuvor Rinder von Caucasian an die Fabrik von Minerva geliefert zu haben. Als der gewaltige Schlachthof und die Rinderverarbeitungsanlage 2017 am Standort Belen eröffnet wurden, wurde die Anlage als modernste ihrer Art in Südamerika beschrieben.[78] Im größten Schlachthof im Land werden täglich 1.200 Rinder getötet und verarbeitet[79], etwa ein Fünftel der Gesamtsumme des Landes.[80] In den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 lieferte das Unternehmen mehr als ein Viertel der gesamten paraguayischen Rindfleischexporte.[81] Im letzten Monat, für den Daten vorliegen (Mai 2020), stellte die Anlage einen neuen Landesrekord auf: In einem Monat wurden mehr Kühe geschlachtet als jemals irgendwo zuvor.[82]

Die Chortitzer-Ranch transportiert ihre Rinder an den zur Mennoniten-Kooperative gehörenden Schlachthof, FrigoChorti, den dem PNCAT am nächsten gelegenen Schlachthof und den größten im paraguayischen Chaco-Gebiet. Earthsight besuchte und filmte die große Anlage am Rand der Stadt Loma Plata, einer Mennoniten-Siedlung, wo diese Anlage der wichtigste Wirtschaftsfaktor ist; so konnten wir beobachten, wie ein LKW nach dem anderen mit lebenden Rindern über die unbefestigte Straße, die in nordwestlicher Richtung zum PNCAT führt, angerast kam und schließlich durch das Tor der Anlage verschwand. Über vierzehntausend Kühe wurden dort im Monat unseres Besuchs getötet.[83]

Von unseren Quellen erfuhren wir, dass Rinder von Yaguarate Porá an Frigorifico Concepcion, das zweitgrößte fleischverarbeitende Unternehmen im Land nach Minerva, verkauft werden. Rinder von Yaguarete und einer anderen benachbarten Ranch im PNCAT, wo zwischen 2005 und 2011 Wald abgeholzt wurde, werden zum Schlachthof von Concepcion in der gleichnamigen Stadt, unweit von Belen, gefahren. Yaguarete habe, erfuhren wir, schon seit langem eine Exklusivvereinbarung mit dem Unternehmen.

Wir waren den Kühen gefolgt, um den Schlachthöfen auf die Spur zu kommen. Um aber der Spur des Geldes noch weiter zu folgen, mussten wir uns ansehen, wem diese Unternehmen ihre Produkte verkaufen.

© Earthsight

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The tannery near Asuncion of Cencoprod, Paraguay’s largest leather exporter. Over 80 per cent of its sales are to Italy © Earthsight

The tannery near Asuncion of Cencoprod, Paraguay’s largest leather exporter. Over 80 per cent of its sales are to Italy © Earthsight

Tanning drums in operation at Lecom’s facility in Limpio, near Asuncion, February 2020 © Earthsight

Tanning drums in operation at Lecom’s facility in Limpio, near Asuncion, February 2020 © Earthsight

Die Italien-Connection

Die fortschreitende Entwaldung des paraguayischen Chaco wurde und wird von der Auslandsnachfrage nach Rindfleisch und Leder befeuert. Die paraguayischen Rindfleischexporte haben sich seit 2000 versiebenfacht und sind inzwischen über 1 Mrd. USD pro Jahr wert.[84] Anders als in Brasilien, wo Rindfleisch größtenteils im Land konsumiert wird, geht Rind aus Paraguay zumeist in den Export.

Bislang zumindest (siehe Kasten auf S. X) gelangt nur ein sehr kleiner Teil des Rindfleischs nach Europa. Der Großteil ging nach Chile und Russland. Für das Leder von diesen Rindern gilt jedoch das Gegenteil. Rindshäute von Farmen im Chaco werden in paraguayischen Gerbereien verarbeitet, die die Rohhäute mit Chromsalzen behandeln und so Wet-Blue-Leder erhalten. Dieses Wet-Blue-Leder wird dann an Gerbereien im Ausland versandt, wo daraus verschiedene Erzeugnisse hergestellt werden, darunter Möbel, Schuhe, Handtaschen und Fahrzeuginnenräume.

Paraguay exportiert jedes Jahr rund 50.000 Tonnen Wet-Blue-Leder. Annähernd zwei Drittel dieser Lederexporte gehen in die EU, und fast alle dieser Lieferungen sind für dasselbe Land bestimmt: Italien. Italien ist mit Abstand der weltweit größte Abnehmer von Leder aus Paraguay; im Jahr 2018 gingen 61 Prozent der Exporte des Landes nach Italien.[85]

Die italienischen Importe nehmen im selben Tempo zu, wie die Zerstörung der Chaco-Wälder für die Viehwirtschaft voranschreitet. Italienische Firmen importierten 2019 fast fünfmal so viel Leder aus Paraguay (24.000 Tonnen) wie im Jahr 2009 (5.200 Tonnen).[86]

Italien ist weltweit führend bei Luxuslederwaren und steht beim Export von Lederprodukten im Weltmaßstab an zweiter Stelle und im Premiumsektor an erster Stelle.[87] Zwei Drittel aller in der EU produzierten gegerbten Lederprodukte werden dort hergestellt.[88] Die italienischen Gerbereien unterteilen sich in drei Hauptcluster, die überall im Land verstreut sind, wobei sich jedes Cluster auf bestimmte Branchen spezialisiert. Die Gerbereien in der Toskana legen ihren Schwerpunkt auf Haute Couture, die in Kampanien auf allgemeine Bekleidung und Lederwaren, und die Standorte in Venetien, dem größten Gerbereigebiet Europas, sind auf Möbel und die Automobilindustrie spezialisiert.

Um herauszufinden, ob Leder von Rindern, die aus dem PNCAT geliefert worden waren, nach Italien transportiert wurde und, falls ja, wo es schließlich ankam, nahm Earthsight bei den größten Gerbereien Paraguays verdeckte Ermittlungen auf.

In diesem südamerikanischen Binnenland gibt es lediglich fünf Gerbereien, auf vier davon entfallen 98 Prozent der Exporte des Landes in die EU.[89] Wir konnten bestätigen, dass alle vier Gerbereien Tierhäute von Schlachthöfen verwendeten, die unseren Enthüllungen zufolge Rinder aus dem PNCAT bezogen. So werden alle Tierhäute von Chortitzer an Cencoprod verkauft, eine Firma, die von Chortitzer und zwei weiteren mennonitischen Schlachthöfen gegründet wurde, um deren Tierhäute weiter zu verarbeiten. Lecom, drittgrößter Lederexporteur Paraguays, berichtete unseren verdeckten Ermittlern, dass das Unternehmen Tierhäute sowohl von FrigoAthena als auch von Concepcion bezieht. Concepcion gerbt auch einige seiner eigenen Tierhäute für den Export im eigenen Namen.

Durch die verdeckten Besuche erfuhren wir auch, wohin das Leder ging. Wir gaben uns als potenzielle Käufer aus und erhielten so Einblicke in ihre Fabriken in Asuncion. Während Arbeiter dabei waren, tropfende Kuhhäute durch mehrere Maschinen zu schleusen, erzählten uns die Firmeninhaber, der Großteil ihres Wet-Blue-Leders gehe in die Region Venetien in Italien. Ihr Leder sei zum Großteil für die Automobilindustrie bestimmt. Während wir alle Mühe hatten, unser wachsendes Interesse zu verbergen, zählten sie einige der Autos auf, in denen ihr Leder verwendet wird. Dabei fielen einige sehr berühmte Namen.

4. Grand Theft Chaco: Die Luxusauto-Connection

A fifth of the world’s leather is used in cars © ssuaphotos / Shutterstock

A fifth of the world’s leather is used in cars © ssuaphotos / Shutterstock

The amount of leather used in cars each year is enough to cover Manhattan three times over © Shutterstock

The amount of leather used in cars each year is enough to cover Manhattan three times over © Shutterstock

Die boomende Nachfrage nach Leder in Luxusautos

Fast ein Fünftel allen Leders auf der Welt wird in Autos verwendet, und dieser Anteil nimmt stetig zu.[90] Während in Schuhen immer weniger Leder verarbeitet wird, wurde die Automobilindustrie schon als „Erlösung der globalen Lederbranche“ betitelt.[91] Es wird prognostiziert, dass die Nachfrage nach Leder für Autos im Zeitraum von 2019-2027 um über fünf Prozent jährlich zunehmen wird.[92]

Häute von 50 bis 60 Millionen Kühen werden jedes Jahr verarbeitet, um damit Autos für die Wohlhabendsten dieser Welt auszustatten[93] – eine Branche im Wert von 29 Mrd. USD.[94] Mit dem Leder, das jedes Jahr in Autos zum Einsatz kommt, ließe sich Manhattan dreimal bedecken.[95] Europa spielt eine Führungsrolle in dieser Branche. Vier Fünftel aller Autos im Premiumsegment sind deutsche Marken.[96] BMW, Mercedes und die zum VW-Konzern gehörende Audi produzieren jeweils rund 2 Millionen solcher Autos pro Jahr.[97] Und während die Autobranche im Allgemeinen schon vor COVID-19 zu kämpfen hatte, hat das Luxusauto-Segment nach wie vor Hochkonjunktur. Mercedes, BMW, Rolls Royce, Lamborghini, Bentley, Ferrari und Lexus konnten 2019 Rekordumsätze verbuchen.[98] Und obwohl sie nach wie vor bei den Gesamtumsätzen in der Minderheit sind, liefert der Verkauf von Autos im Premiumsegment die größten Gewinne in der Branche. So entfallen 65 Prozent der Gewinne des gigantischen Volkswagen-Konzerns, des größten Autobauers der Welt, auf den Verkauf von Audi- und Porsche-Modellen.[99]

Im Jahr 2019 wurden rund 10 Millionen Fahrzeuge von Luxusmarken verkauft.[100] Man darf getrost davon ausgehen, dass der Großteil davon mit Lederelementen ausgestattet ist. Bei manchen mag das auf das Lenkrad beschränkt sein, aber in den meisten Fällen umfasst es weit mehr. Einige Modelle von Rolls Royce benötigen 15 komplette Kuhhäute für ein einziges Fahrzeug.[101]

Leder findet sich auch in hochwertig ausgestatteten Versionen vieler Automarken, die nicht zum Luxussegment gehören. Groupe PSA, zum Beispiel, berichtete Earthsight, dass rund 10 Prozent der dort hergestellten Autos innen mit Leder verkleidet sind.[102] Setzt man diese Zahlen mit den Zahlen zur Autoherstellung in Bezug, ergibt sich, dass der Konzern mindestens viermal so viele Peugeots, Citroëns und Opel/Vauxhalls mit derartiger Innenausstattung verkauft wie Fahrzeuge der Luxusmarke DS.[103] Insgesamt enthalten ein Fünftel aller jedes Jahr verkauften Autos zumindest einige Lederelemente.[104] Das umfasst wahrscheinlich bis zu einem Drittel der in der EU produzierten Autos.[105]

Autos sind für Länder mit hohem Entwaldungsrisiko ein besonders wichtiges Marktsegment. Fast die Hälfte der Exporte aus Brasilien sind zum Beispiel für die Verwendung im Automobilsektor bestimmt.[106] Im Jahr 2017 kam über ein Drittel (34,7 Prozent) der Lederrohstoffe der Autoindustrie aus Südamerika.[107]

Die Automobilbranche: zunehmend wichtig für italienische Gerbereien

Bei der Durchsicht tausender Transportdaten im Anschluss an unsere verdeckten Besuche konnte Earthsight die Vermutung erhärten, dass die Automobilindustrie der mit Abstand bedeutendste Endabnehmer für Leder aus Paraguay ist, was auch für die Ware gilt, die nach Italien geht.

Die Automobilindustrie ist seit einiger Zeit zunehmend wichtig für die italienische Lederindustrie und war für die konjunkturelle Erholung der Branche nach der Finanzkrise von 2008-2009 von entscheidender Bedeutung. [108] Der Anteil italienischen Leders, das für Autos bestimmt ist, hat sich in den vergangen 15 Jahren verdoppelt. Die Branche ist zudem überproportional einflussreich, weil sie – im Gegensatz zu anderen Bereichen, wie etwa Schuhe – extrem konzentriert und durch eine kleine Anzahl sehr großer und einflussreicher Unternehmen geprägt ist, auf die der Löwenanteil der Produktion entfällt. Zwei der vier größten italienischen Lederfirmen sind auf die Automobilbranche spezialisiert.[109] Der Präsident des europäischen Lederverbands COTANCE, der die Interessen der Branche in Brüssel vertritt, kommt von einer auf den Automobilsektor spezialisierten Lederfirma.[110] Einer der Vizepräsidenten des Verbandes kommt von einem der größten italienischen Lederhersteller für die Autoindustrie.[111]

Der führende Importeur paraguayischen Leders ist das italienische Unternehmen Pasubio, einer der größten Lederhersteller in Europa. Schätzungsweise 39 Prozent der Lederexporte aus Paraguay sind für dieses eine Unternehmen bestimmt,[112] bei dem über 90 Prozent der Jahresumsätze von 313 Millionen EUR auf die Automobilindustrie entfallen.[113] Ein anderer bedeutender Abnehmer für Leder aus Paraguay ist zum Beispiel die Gruppo Mastrotto, die größte Gerberei Europas mit einem wachsenden Autosegment.[114]

Pasubio ist für die Gerbereien, zu denen Earthsight die Häute von Kühen zurückverfolgen konnte, die auf illegalen Farmen im PNCAT-Reservat gezüchtet wurden, ein besonders wichtiger Kunde. Die verfügbaren Daten (die jedoch nur kleine Abschnitte im Zeitraum von 2014-2017 abbilden) deuten darauf hin, dass bis zur Hälfte der Exporte von Lecom für dieses eine Unternehmen bestimmt sein könnten, ebenso wie 45 Prozent von Frigomerc und 61 Prozent der Exporte von Frigorifico Concepcion.[115] Obwohl seit 2017 keine Transportdaten mehr verfügbar sind, bei denen auch der Warenempfänger angegeben ist, haben sowohl Lecom als auch Cencoprod 2019 gegenüber verdeckten Ermittlern von Earthsight bestätigt, dass Pasubio nach wie vor der Hauptabnehmer ist.

Pasubio is a leading supplier of automotive leather and one of Italy's largest tanneries © Pasubio website

Pasubio is a leading supplier of automotive leather and one of Italy's largest tanneries © Pasubio website

The Pasubio offices in Arzignano, the Venetian town home to many of Italy's tannery businesses © Earthsight

The Pasubio offices in Arzignano, the Venetian town home to many of Italy's tannery businesses © Earthsight

Luxusautomarken befeuren die Abholzung in Paraguay

Die Geschäftsführer der Gerbereien in Paraguay erwähnten einige weltberühmte Automarken, in denen, wie sie angaben, ihre Produkte verwendet werden. Dazu gehören zwei der größten Luxusautohersteller in Deutschland und Großbritannien: BMW und Jaguar Land Rover.

BMW, dem auch die in Großbritannien hergestellten Mini und Rolls Royce gehören, ist der zweitgrößte Hersteller von Luxusautos weltweit und gab für 2019 einen Rekordumsatz von 2,5 Millionen Fahrzeugen bekannt.[116] Die meisten dieser Fahrzeuge enthalten Leder. Im Jahr 2007 gab BMW zu, 11.000 Häute pro Tag zu verbrauchen.[117] Heute produziert der Konzern eine Million Fahrzeuge mehr im Jahr als damals.[118]

Ferdinand Kehler, Geschäftsführer von Cencoprod, gab an, das Leder aus seinem Unternehmen werde von BMW verwendet. Er sagte, seine Firma habe „viele Jahre lang“ Leder geliefert, das bei der Herstellung des BMW X5 in Südafrika verwendet wurde. Obwohl dieser Lieferweg inzwischen nicht mehr existiert, verkaufe Cencoprod auch weiterhin Waren, die letztlich über andere Routen an BMW gehen. „Wir verkaufen nach Italien, von wo es dann schließlich nach Deutschland gelangt, an einen Zulieferer von BMW.“

Auf weitere Nachfragen von Earthsight gab der deutsche Autobauer jedoch an, Pasubio habe ihm mitgeteilt, dass keine der an BMW gelieferten Häute von Cencoprod stammten. BMW bestätigte jedoch, über Pasubio Häute von Concepcion, Frigomerc und Lecom zu beziehen und über diese Zulieferer Häute von den Schlachthöfen FrigoAthena und Frigorifico Concepcion zu erhalten.[119] FrigoAthena, der Minerva gehört, bezieht Rinder von der Ranch der Caucasian SA, während Frigorifico Concepcion Kühe von der Yaguarete-Porá-Ranch verarbeitet – beides Farmen auf illegal gerodetem Land im PNCAT.

Angesichts unserer vollständigen Ergebnisse, die dem Unternehmen im Vorfeld der Veröffentlichung vorgelegt wurden, teilte BMW mit, dass „uns bislang keine Informationen darüber vorliegen, dass die Lederlieferketten der BMW Group in Lateinamerika von den dargestellten Problemen betroffen sind“.[120] Das Unternehmen (das schon jetzt alle Tierhäute zu den Schlachthöfen zurückverfolgt) gab an, Optionen zu prüfen, um die Rückverfolgungssysteme für Leder aus Südamerika noch weiter auszubauen, die „mittelfristige Strategie“ sei jedoch, mit der Zeit gänzlich auf Leder aus der Region zu verzichten.[121]

Kehler teilte Earthsight außerdem mit, dass Cencoprod, über Pasubio, auch Leder für das Modell Evoque von Range Rover liefert. „Im Jahr 2009 entwickelte Pasubio Leder für den Range Rover Evoque. Für dieses Modell suchten sie ein Leder mit feinen Haaren, und so wurden wir in das Programm aufgenommen. Das sind nicht ausschließlich wir, müssen Sie wissen – wir sind nur ein Teil. Sie verarbeiten 5.000 Häute pro Tag, und es könnte sein, dass 500 oder 1.000 davon von hier kommen“, so Kehler.[122]

Der Evoque, Jaguar Land Rovers meistverkauftes Modell, wird in Halewood on Merseyside, Großbritannien, hergestellt. Die Fabrik produzierte 2018/2019 85.000 Evoques, was ein neuer Rekord ist und eine Zunahme um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.[123] Alle neuen Evoques haben ein Lenkrad aus Leder und einiges an Lederbesatz in der Standardausführung, während alle Modelle – abgesehen von den ganz einfachen Ausführungen – auch Vollledersitze bieten.[124]

Land Rover ist einer der wichtigsten Kunden von Pasubio. Im Jahr 2015 wurde Leder von Pasubio im Wert von fast 60 Million EUR in den Autos des Unternehmens verarbeitet – 23,8 Prozent der Gesamtumsätze des italienischen Unternehmens.[125] Auf die Schwestergesellschaft Jaguar entfielen weitere 14 Prozent.[126] Im Juni 2020 von Earthsight befragt, woher Jaguar Land Rover sein Leder bezieht, ließ das Unternehmen die Gelegenheit verstreichen, den Kauf von Leder aus Paraguay aus den betroffenen Gerbereien über Pasubio oder auf anderem Weg zu bestätigen oder zu bestreiten. Das Unternehmen hat keine Richtlinien zur Abholzung und antwortete auch nicht auf Fragen zum Grad der Rückverfolgbarkeit des in der eigenen Herstellung verwendeten Leders. Es räumte zwar ein, etwas Leder aus Südamerika zu verwenden, gab jedoch an, dass der Zulieferer des Unternehmens in Brasilien ein System eingeführt habe, das sicherstellen soll, dass Unterlieferanten keine Tiere von Farmen kaufen, die in Abholzungen verwickelt sind.[127]

Als wir Jaguar Land Rover unmittelbar vor der Veröffentlichung eine vollständige Kopie unserer Ergebnisse vorlegten, teilte das Unternehmen Earthsight mit: „Wir nehmen Anschuldigungen gesetzeswidrigen oder unethischen Gebarens in unserer Lieferkette extrem ernst und haben unverzüglich Schritte eingeleitet, um bei den betroffenen Lieferanten die von Ihnen aufgeworfenen Fragen zu prüfen.“ Das Unternehmen „erwartet von seinen Lieferanten, dass sie alle geltenden Gesetze und Vorschriften einhalten und die Umweltauswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit steuern.“[128]

Die anderen Autokonzerne im Blick

Viele andere Autofirmen und Marken beziehen Leder von den italienischen Gerbereien, die in diesen Skandal verstrickt sind. Angesichts der einzigartigen Palette der zum Volkswagen Konzern gehörenden Luxusautomarken, wie Audi, Porsche, Bentley, Bugatti und Lamborghini, dürfte der Konzern der größte Verbraucher von Autoleder und gleichzeitig der größte Autobauer weltweit sein. Im Jahr 2014 verarbeitete der Konzern rund 10 Millionen Quadratmeter Leder – genug, um den Central Park in New York dreimal und den Berliner Tiergarten fünfmal damit zu bedecken.[134] Im Jahr 2019 produzierte der Konzern eine dreiviertel Million mehr Fahrzeuge als noch 2014, sodass der Lederverbrauch heute deutlich höher sein sollte.[135]

Im Jahr 2016 berichtete Pasubio – das Unternehmen also, das nach unseren Erkenntnissen der größte Abnehmer von Tierhäuten aus den paraguayischen Gerbereien ist, die Rohmaterial einkaufen, das von abgeholztem Land im PNCAT stammt – Branchenjournalisten, mehr als ein Viertel der Unternehmenseinkünfte entfielen auf Marken von VW.[136] Als Pasubio zwei Jahre später von einer riesigen Private-Equity-Firma aufgekauft wurde, wurde der VW-Konzern auch weiterhin als einer der wichtigsten Kunden geführt.[137] Auf seiner Website gibt Pasubio an, die gleichnamige Marke des Konzerns wie auch Autos der Marken Porsche und Škoda auszustatten.[138] Volkswagen ist zudem ein Kunde von Gruppo Mastrotto, die sowohl von Lecom als auch Cencoprod als weiterer wichtiger Abnehmer von Tierhäuten aus Paraguay bestätigt wurde. Ein Werbevideo auf der Gruppo-Mastrotto-Website stellt Fahrzeuge von Audi (zu Volkswagen gehörend) markant heraus; und im Jahr 2015 wurde Gruppo Mastrotto zu einem „Future Automotive Supply Tracks (FAST)”-Lieferanten auf der Liste der „strategischen Zulieferer“ des VW-Konzerns.[139] In unserer verdeckten Kommunikation mit Lecom gab die paraguayische Gerberei insbesondere auch an, dass Leder, das an eine italienische Schwesterfirma namens Nuti Ivo geliefert wurde, von Lamborghini, dem ebenfalls zu VW gehörenden Supersportwagenhersteller, verwendet wird.

Von Earthsight direkt befragt, gab Lamborghini an, alle Lederlieferanten des Unternehmens kontaktiert zu haben, die allesamt mitgeteilt hätten, kein Leder aus Paraguay zu liefern.[140] Im Juni 2020 erhielt Volkswagen die Gelegenheit, zu dieser Frage Stellung zu nehmen; der Konzern (der behauptete, für alle Marken des Konzern, einschließlich Lamborghini zu sprechen) wollte jedoch weder bestätigen noch dementieren, dass die Marken von VW Tierhäute aus den konkret benannten Gerbereien in Paraguay beziehen. Der Konzern räumte ein, seine Lederlieferketten nicht vollständig zurückverfolgen zu können, und fordert anstelle einer Richtlinie zur Abholzung seine Zulieferer lediglich dazu auf, schriftlich zu bestätigen, dass das Leder nicht aus dem Amazonasgebiet stammt.[141] Abgesehen davon, dass das nicht einklagbar ist, umfasst diese Auflage auch nicht die Millionen Hektar wertvoller Waldgebiete in anderen Teilen Lateinamerikas.

Als wir Volkswagen kurz vor der Veröffentlichung noch einmal kontaktierten und unsere vollständigen Ergebnisse vorlegten, wechselte der Konzern die Tonart. Obwohl Volkswagen bestätigte, sowohl bei Pasubio als auch Mastrotto einzukaufen, hätten beide Firmen VW nun mitgeteilt, dass dabei kein Leder aus Paraguay im Spiel sei. Das Unternehmen gab zudem an, eine neue Richtlinie für die Beschaffung von Leder zu erarbeiten, wonach Material, das mit illegalen Abholzungen in Verbindung steht, ausgeschlossen wäre.[142]

Auf der Liste der von Pasubio angegebenen Kunden stehen auch Peugeot, Citroën, Hyundai, Kia und Ford.

Von Earthsight auf dieselben Fragen zu Richtlinien und der Beschaffung aus Paraguay angesprochen, gab PSA – der zweitgrößte Autobauer in Europa – (im Namen von Peugeot, Citroën und Vauxhall/Opel) lediglich an, dass es „nach seinem besten Wissen“ keine Tierhäute aus Paraguay in seinen Fahrzeugen gibt, ob von Pasubio oder anderswo.[143] Das Unternehmen räumte jedoch ein, „Ihre Sorgen über die Lederlieferkette zu teilen“ [sic], und gab an, derzeit eine Überprüfung der eigenen Lieferkette in Auftrag zu geben.[144]

Hyundai gab (im eigenen Namen und im Namen seiner Marken Kia und Genesis) an, noch 2020 eine neue Vorschrift für Zulieferer einführen zu wollen, die auch Vorgaben zu Umweltfragen und Rückverfolgbarkeit enthalten soll, was darauf hinweist, dass es aktuell derartige Vorgaben noch nicht gibt.[145] Ford ging auf unsere Fragen zur Rückverfolgbarkeit von Leder nicht ein, sondern teilte lediglich mit, dass sich das Unternehmen regelmäßig mit seinem Lederzulieferer treffe, um „ihn zu beeinflussen und für dessen Nachhaltigkeitspläne zur Rechenschaft zu ziehen“.[146] Als wir Ford kurz vor Veröffentlichung unsere vollständigen Ergebnisse vorlegten, bestätigte das Unternehmen, zwar Leder bei Pasubio einzukaufen, behauptete jedoch, das betroffene Leder komme aus Europa. Das Unternehmen unterstrich zudem, dass es „niemals wissentlich Material beschafft, das zu .... Umweltproblemen beiträgt.“[147]

Während unseres verdeckten Treffens brüstete sich eine der Gerbereien in Paraguay, zu der wir Rinder von illegalen Farmen im PNCAT nachverfolgt hatten, damit, Leder zu liefern, das im wohl berühmtesten Luxusauto überhaupt verarbeitet wird. Cencoprod-Direktor Kehler behauptete, das Leder seines Unternehmens werde für Ferrari-Lenkräder verwendet, und führte uns auch ein Muster vor. Dass dies nicht einfach nur Angeberei war, die jeder Grundlage entbehrte, wurde dadurch erhärtet, dass der Unternehmenschef bereitwillig gegenüber Earthsight-Ermittlern erklärte, kein Leder an Porsche geliefert zu haben, ungeachtet der Medienberichte, die genau das unterstellten. Kehler hatte zuvor schon öffentlich diese Behauptung gemacht.[148]

Ferrari hingegen gab Earthsight gegenüber an, dass keine der genannten paraguayischen Gerbereien (einschließlich Cencoprod) „Leder für unsere Fahrzeuge liefert“, erläuterte jedoch nicht, ob dieses Dementi sich auch auf indirekte Lieferungen oder frühere Lieferungen bezieht; Fragen dazu, ob das Unternehmen über ein hinreichendes Maß an Rückverfolgbarkeit verfüge, um sich dessen sicher zu sein, wurden ebenfalls nicht beantwortet.[149] Darauf angesprochen, konnte das Unternehmen auf keinerlei Richtlinien zur Lederbeschaffung verweisen, die Fragen zur Abholzungsproblematik oder die Rechte der indigenen Bevölkerung thematisiert, sondern machte lediglich geltend, dass sich die Zulieferer an den Verhaltenskodex des Unternehmens zu halten hätten. Wälder werden in diesem Kodex nicht erwähnt, das Dokument enthält lediglich die vage Aussage, dass Ferrari seine Zulieferer „dazu ermutigt, nachhaltige Praktiken anzuwenden“ [sic].[150]

Mehrere der von uns überprüften Autokonzerne konnten zwar auf keine Richtlinien zur Abholzung verweisen, erwähnten jedoch, ihre Lederlieferanten seien durch die geltenden Verträge verpflichtet, sich an alle einschlägigen Gesetze und Vorschriften zu halten. Solche Auflagen gelten jedoch nicht für die Firmen, die weiter am Anfang der Lieferkette stehen und an der Rodung von Wald für die Viehzucht beteiligt sind; die Auflagen sind daher wertlos, wenn es darum geht zu verhindern, dass Häute von Tieren aus illegal abgeholzten Gebieten verwendet werden.

Vor der Veröffentlichung nahm Earthsight mit allen in diesem Bericht erwähnten Schlachthöfen und Gerbereien in Paraguay, italienischen Gerbereien und Autokonzernen Kontakt auf, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu unseren Erkenntnissen zu äußern. Bis zur gesetzten Frist lag uns von keinem der paraguayischen Unternehmen oder italienischen Gerbereien eine Rückmeldung vor. Relevante Details aus den Rückmeldungen der Autokonzerne sind weiter oben und in der entsprechenden Abibildung 8.

Wie große Private-Equity-Firmen verdächtiges Leder finanzieren

Der rasante Zuwachs bei der Nutzung von Leder, vor allem befeuert durch Luxuswaren und die Automobilindustrie, hat in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der größten Kapitalbesitzer der Welt auf sich gezogen. Pasubio, die riesige Gerberei aus Italien und der wichtigste Importeur von Leder aus Paraguay, wurde 2017 von CVC Capital Partners, der größten europäischen Private-Equity-Firma, aufgekauft. Im Jahr 2019 wurde Rino Mastrotto – ein anderes großes italienisches Lederunternehmen, das maßgeblich von der Autobranche abhängig ist[129] und eine eigene Gerberei in Brasilien unterhält – auch zum Ziel, als die italienische Private-Equity-Firma NB Renaissance Partners ein Kontrollpaket erwarb. NB wird von der US-Firma Neuberger Berman unterstützt und gemanagt, die ein Vermögen im Wert von 357 Milliarden USD verwaltet.[130] Von Earthsight angesprochen, räumte Neuberger ein, dass Rino Mastrotto 2018 kleinere Mengen aus Paraguay bezogen habe, behauptete jedoch, dass dies seitdem nicht mehr vorgekommen sei.[131] CVC reagierte nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Erhalten diese Lederfirmen solche großen Finanzspritzen, besteht einer der großen Vorteile für sie darin, dass dadurch ihre Kapazitäten für den Bezug von Rohstoffen gestärkt werden. Derartige Investitionen dürften wohl im Widerspruch zu eventuellen Nachhaltigkeitszusagen stehen. CVC, zum Beispiel, behauptet, ein verantwortungsbewusster Investor zu sein und hat sich verschiedenen einschlägigen internationalen Grundsatz-Initiativen angeschlossen, wie den Principles for Responsible Investment (PRI) und dem UN Global Compact Neuberger ist ebenfalls Unterzeichner der PRI. Die Namen beider Unternehmen fehlten jedoch auffälliger Weise auf der Unterzeichnerliste von PRI initiierten Erklärungen von Investoren nach den Bränden im Amazonasgebiet im Jahr 2019[132] und in Bezug auf die Abholzung von Wald im Zusammenhang mit Rinderlieferketten Anfang desselben Jahres.[133]

5. Eine unkotrollierte Branche

© Jamesboy Nuchaikong / Shutterstock

© Jamesboy Nuchaikong / Shutterstock

Die Autokonzerne können sich nicht glaubhaft auf Unwissenheit als Ausrede dafür berufen, ihre Lederlieferketten nicht bereinigt zu haben. Es ist nicht das erste Mal, dass die Riesen der Automobilbranche wegen Verbindungen zu Abholzungen am Pranger stehen. Vor zehn Jahren ging Greenpeace Verbindungen nach, die von Rindern aus entwaldeten Gebieten im Amazonasgebiet Brasiliens zu Lederfirmen führten, die verschiedene große Marken belieferten, darunter Ford, Honda, Toyota, BMW, Volkswagen und Mercedes.[152] Das Beispiel Paraguays zeigt, dass die Branche die Kurve noch immer nicht gekriegt hat.

Um sich ein breiteres Bild zu machen, kontaktierte Earthsight auch alle anderen führenden Autobauer weltweit, um sie nach ihren Abholzungsrichtlinien und der Rückverfolgbarkeit ihres Leders zu fragen. Die Ergebnisse belegen, dass die von uns dokumentierten Defizite in der gesamten Branche zu finden sind und dass BMW, das Unternehmen im Mittelpunkt unseres Skandals, in dieser Beziehung fast allen seinen Konkurrenten noch voraus ist.

Die Tatsache, dass wir Leder aus dem PNCAT sicherer zu BMW zurückverfolgen konnten als zu anderen Autokonzernen, hatte ironischerweise damit zu tun, dass BMW sich mehr Gedanken über die Herkunft seines Leders macht als die meisten Konkurrenten. Das hat zur Folge, dass BMW weiß, woher alles kommt – allerdings nur bis zum Schlachthof und nicht bis zur einzelnen Farm. Und während es bei BMW zwar zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch keine Richtlinien zu Wäldern und Rechten indigener Gruppen gab, waren die Entwürfe immerhin schon vorbereitet (beide wurden im Juni 2020 in Kraft gesetzt).[153] Das ist mehr, als sich von irgendeinem anderen der von uns befragten Unternehmen behaupten lässt.

Mercedes, der größte Hersteller von Luxusautos, hat aktuell ebenfalls keine Richtlinien zur Abholzung; auch das Leder, das dort verwendet wird, lässt sich nicht vollständig zurückverfolgen. Gleichwohl plant das Unternehmen, seine Nachhaltigkeitsrichtlinie zu aktualisieren und dabei einschlägige Vorgaben aufzunehmen, auch werden Zulieferer aufgefordert, ihre jeweiligen Erzeugnisse soweit möglich zu den einzelnen Farmen zurückzuverfolgen.[154] Das Unternehmen gab Earthsight gegenüber an, in den bisherigen Rückmeldungen von Lederlieferanten sei Paraguay nicht als Quelle ausgewiesen worden, zudem werde erwogen, Tierhäute aus Brasilien zu verbieten.[155]

Volvo, der fünftgrößte Hersteller von Luxusautos auf der Welt, nimmt, wie auch BMW, die Besorgnisse in Bezug auf Abholzung und Leder ernster als die Konkurrenten. Volvo hat an Veranstaltungen des Responsible Leather Round Table teilgenommen und beabsichtigt, die volle Rückverfolgbarkeit des Leders bis zur jeweiligen Farm sicherzustellen; schon jetzt ist die Rückverfolgbarkeit bis zum Schlachthof gegeben. Volvo war das einzige Unternehmen, das mit einiger Sicherheit erklären konnte, dass es keine Tierhäute aus Paraguay verwendet. Eine schriftliche Richtlinie oder Anforderungen an Lieferanten zum Thema Leder und Abholzung von Wald bzw. Rechte indigener Gruppen gibt es im Unternehmen bislang dennoch nicht. Das Unternehmen gab Earthsight gegenüber an, dies ändern zu wollen.[156]

Keiner der anderen großen Automobilbauer, die von Earthsight kontaktiert wurden, konnte auf eine Richtlinie zur Abholzung von Wäldern oder den Rechten indigener Gruppen verweisen oder für sich in Anspruch nehmen, ihr Leder bis zum Schlachthof zurückverfolgen zu können, von den Farmen ganz zu schweigen (siehe Tabelle).

Unter allen Luxusautoherstellern der Welt hat sich lediglich Tesla verpflichtet, kein Leder zu verwenden.[157] Das einzige Zugeständnis, zu dem andere Autobauer bislang bereit waren, ist, mehr Optionen ohne Leder anzubieten, vor allem für ihre Elektroautos, deren Käufer als umweltbewusster gelten. Während andere Unternehmen, die zu den global führenden Abnehmern von Leder gehören, wie etwa Timberland und H&M, nach den verheerenden Bränden im Amazonasgebiet, die im August 2019 weltweit für Aufmerksamkeit sorgten, die Verwendung von Tierhäuten aus Brasilien untersagten,[158] ist noch kein einziger Autokonzern diesem Beispiel gefolgt.

Weit abgeschlagen

Der Kontrast zu vergleichbaren Rohstoffen ist augenfällig. Zum Beispiel kann praktisch das gesamte Palmöl, das die EU erreicht, bis in die Mühle zurückverfolgt werden, wo es gewonnen wurde; auch bei der Rückverfolgbarkeit zur Herkunftsplantage gibt es Fortschritte, da inzwischen über ein Drittel der Öle bis dorthin zurückverfolgt werden können.[159]

In einer anderen Branche konnte die Cocoa and Forests Initiative feststellen, dass viele der weltweit größten Schokoladenhändler und -produzenten über eine Million Farmen an der Wurzel ihrer Lieferketten erfasst haben. Branchenriesen wie Mondelez, Barry Callebaut, Tesco und Cargill haben sich verpflichtet, bis 2022 sicherzustellen, dass ihr direkt bezogener Kakao zu 100 Prozent bis auf die Farmebene zurückverfolgt werden kann.[160]

Ganz anders sieht die Situation in der Lederindustrie aus. Ein Leitfaden der Vereinten Nationen (UN), der zehn globale Güter thematisiert, stellt die wichtigsten Nachhaltigkeitsprobleme heraus, die durch die Rückverfolgbarkeit von Leder angegangen werden sollen, darunter „Abholzung zu verhindern“, „den Einfall in geschützte Gebiete für die Viehwirtschaft zu verhindern“ und „Sklavenarbeit“ zu bekämpfen.[161] Diese Missstände sind sämtlich auf der Ebene der Farmen zu finden.

Der UN-Leitfaden verweist auf die Leather Working Group (LWG) als zentrale internationale Institution, die dafür zuständig ist, die Rückverfolgbarkeit von Lederlieferketten zu bewerten. Die 2005 gegründete LWG spielt eine ähnliche Rolle wie der Roundtable for Sustainable Palm Oil: Sie entwickelt Prüfprotokolle, auf Grundlage derer sich Hersteller im Hinblick auf ihre ökologische Leistungsbilanz zertifizieren lassen können.

In den meisten Fällen wird im Rahmen der LWG-Prüfungen jedoch nicht bewertet, inwieweit ein Unternehmen die Häute bis zur Farm zurückverfolgen kann. Der jüngste Überblick der LWG über ihre Aktivitäten im Bereich der Rückverfolgbarkeit erwähnt Farmen bzw. Ranches mit keinem Wort. Die Rückverfolgbarkeit eines Herstellers wird darin lediglich gemessen als „direkter Anteil des Materials, das sich bis zum Schlachthof zurückverfolgen lässt“.[162]

In Brasilien müssen Schlachthöfe der LWG tatsächlich nachweisen, dass sie zumindest einige ihrer Zulieferer-Farmen erfasst haben und dass diese Farmen nicht in die Abholzung von Amazonaswald oder das „Eindringen in Land indigener Gruppen und Schutzgebiete“ verwickelt sind.

In Bezug auf Unternehmen im „Rest der Welt“ werden die Farmen, von denen die Kuhhäute ursprünglich stammen, mit keinem Wort erwähnt. Unternehmen aus dieser Kategorie – zu der auch Paraguay gehört – müssen lediglich den „Namen des Schlachthofs“ angeben, von dem ihr Material stammt.[163] „Die Abläufe früher in der Lieferkette werden nicht kontrolliert”, wie es eine Auswertung von Chatham House unlängst formulierte.[164] Somit ist die LWG, ausgehend von der Definition der Vereinten Nationen, für ihren Zweck ungeeignet: Viele ihrer Prüfungen sagen nichts darüber aus, inwieweit ein Produkt mit Abholzung von Wäldern, Eindringen in Land oder Sklavenarbeit verbunden ist.

© LWG website

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Das liegt klar auf der Hand, wenn wir uns die LWG-Prüfungen von Unternehmen, die im Zusammenhang mit der Earthsight-Untersuchung genannt werden, ansehen. Bei drei der vier italienischen Autolederhersteller, die Mitglieder sind, wurde bei der letzten Prüfung eine Null-Rückverfolgbarkeit festgestellt, darunter Gruppo Mastrotto mit Sitz in Venetien, deren Rückverfolgbarkeit zwar mit null Prozent bewertet wurde, die aber dennoch von der LWG ein „Gold“-Rating erhielt. Conceria Errepi schnitt am besten ab, erhielt aber auch nur eine Bewertung von zwei Prozent für ihre Rückverfolgbarkeit. Pasubio wiederum – das Unternehmen, das in den meisten Fallbeispielen von Earthsight das Bindeglied zwischen den paraguayischen Gerbereien und den europäischen Autoriesen darstellt – ist nicht einmal Mitglied der LWG.[165]

Im Fall der von Earthsight untersuchten Gerbereien treten weitere Defizite zutage. Lecom rühmt sich einer Rückverfolgbarkeit von 86 Prozent, obwohl das Unternehmen Tierhäute von mindestens zwei Ranching-Unternehmen bezieht, die in die illegale Abholzung von Land indigener Gruppen verwickelt sind. Cencoprod erhielt eine perfekte Rückverfolgbarkeitsbewertung von 100 Prozent – das bedeutet jedoch nur, dass das Unternehmen die Häute bis zu den mennonitischen Schlachthöfen zurückverfolgen kann, nicht aber zur ursprünglichen Farm. Unsere Fallstudien belegen eindeutig, dass die Kriterien der LWG ungeeignet sind, die maßgeblichen Missstände in den Blickpunkt zu rücken, gegen die sich die Zertifizierungen richten sollten.[166]

Die Gerbereien in Paraguay berichteten Earthsight gegenüber sogar, dass die Gleichgültigkeit ihrer Kunden kaum Anreize schaffe, robustere Rückverfolgbarkeitsmechanismen zu entwickeln. Ferdinand Kehler, Cencoprod-Geschäftsführer, gab verdeckten Ermittlern gegenüber an, dass das Unternehmen bereits damit begonnen hatte, ein eigenes System zur Rückverfolgung von Häuten zur Herkunftsfarm zu entwickeln (was durch die engen Verbindungen zwischen den mennonitischen Unternehmen leichter zu bewerkstelligen ist). Das Vorhaben sei jedoch bald wieder eingestellt worden.

„Als wir mit Cencoprod an den Start gingen, haben wir viel in ökologische Aspekte investiert, in der Annahme, dass unsere Kunden anspruchsvoller sein würden“, so Kehler im Gespräch mit Earthsight. „Aber wir haben gemerkt, dass es dem Kunden am Ende nur um den Preis geht. Wir haben Kaufverträge mit bedeutenden internationalen Kunden an andere Gerbereien verloren, die keinen Aufwand in Umweltfragen betreiben. Wenn man sich mit diesen Dingen befasst, zahlt man einen hohen Preis, und ich bin oft enttäuscht, wenn ein Kunde die Preise vergleicht und dann von jemand anderem kauft, der zwar billiger ist, aber seinen Umweltverpflichtungen nicht nachkommt.“[167]

Dass seine Kunden nicht fragen, liegt womöglich daran, dass sie meinen, sich nicht darum kümmern zu müssen. Wenn man der Lederbranche vorwirft, die Wälder oder das Klima zu schädigen oder an Sozialmissbrauch mitschuldig zu sein, lautet die Standardantwort, die Branche trage keine Verantwortung, da Leder ein Nebenprodukt der Rindfleischwirtschaft sei. Die Anwälte der Branche machen dabei geltend, dass hier Material verwendet wird, das ohnehin produziert wird und sonst weggeworfen würde. Eine genauere Betrachtung dieser Behauptung zeigt, dass sie nicht stichhaltig ist.

Obwohl der Wert einer Kuhhaut zum Zeitpunkt der Schlachtung mit nur 10 Prozent des Gesamtwertes des Tieres berechnet wird,[168] hat sie doch einen viel höheren Anteil am Endverkaufswert. Die weltweiten Exporte von Rohhäuten, Wet-Blue-Leder, Crustleder und Fertigleder liegen mit 28,5 Mrd. USD praktisch auf einer Höhe mit den Rindfleischexporten (29,2 Mrd. USD).[169] Auch würden die Schlachthöfe die Häute sicher nicht verkaufen, wenn das nicht gewinnbringender wäre, als sie zu entsorgen. Angesichts enger Margen in der Viehwirtschaft in einem Land wie Paraguay könnten die zusätzlichen Einnahmen, die die Rancher aus dem Verkauf der Häute erzielen, entscheidend sein, wenn es darum geht, ob die Abholzung von Wald eine gewinnbringende Investition ist.

Durch das Freihandelsabkommen werden die Auswirkungen der EU auf die Wälder und Waldvölker in Paraguay zunehmen

Die EU trägt nicht nur durch ihre Lederimporte zur Abholzung von Wald in Paraguay bei, denn sie importiert auch Rindfleisch in bedeutenden Mengen. Sobald ein neues Freihandelsabkommen in Kraft tritt, dürften die Importe bei beiden Waren zunehmen.

Die EU importierte 2019 4.066 Tonnen Rindfleisch aus Paraguay.[170] Das umfasst auch frisches oder gefrorenes Rindfleisch von allen drei Schlachthöfen, zu denen Earthsight Rinder von Farmen auf illegal abgeholzten Gebieten im PNCAT zurückverfolgen konnte. Frigomerc war mit Abstand der größte Lieferant, zusammen genommen entfielen auf die drei Firmen fast zwei Drittel der Rindfleischexporte in die EU. Rindfleisch aus diesen Unternehmen wurde nach Italien, in die Niederlande, nach Spanien, Deutschland, ins Vereinigte Königreich und nach Portugal importiert.[171] Gleichwohl gingen nur weniger als zwei Prozent der gesamten Rindfleischexporte Paraguays in die EU;[172] viel bedeutender im Hinblick auf den Beitrag zur beschleunigten Abholzung der Wälder im paraguayischen Chaco war die Rolle der EU als Importeur von Leder. Dies könnte sich jedoch ändern.

Aktuell ist auf Rindfleisch aus Paraguay bei Ankunft in der EU ein Zoll von 40-45 Prozent zu zahlen (abgesehen von den ersten 1.000 Tonnen, die eine Präferenzbehandlung erhalten). Nach einem neuen Freihandelsabkommen, das die EU mit dem Mercosur, der südamerikanischen Handelsorganisation, der Paraguay, Brasilien, Argentinien und Uruguay angehören, ausgehandelt hat, dürfen 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem deutlich niedrigeren Zolltarif (7,5 Prozent) auf den EU-Markt eingeführt werden.[173] Paraguay strebt an, 19.000 Tonnen dieser Quote abzudecken[174], was, wenn das so vereinbart würde, wahrscheinlich eine Vervierfachung der derzeitigen Exporte bedeutete. Die Exportzölle für Leder aus Argentinien und Uruguay sollen hingegen abgeschafft werden. Ob das auch für Paraguay gelten soll, ist bislang unklar.[175] Das könnte den Weg für eine maßgebliche Ausweitung der Exporte ebnen. Modellrechnungen der EU prognostizieren, dass Importe von Textilien, Kleidung und Leder aus den Mercosur-Ländern aufgrund des Abkommens sprunghaft um 32-36 Prozent ansteigen könnten.[176]

Im Juni 2020 reichten der Europäische Bürgerbeauftragte und eine Gruppe von Umwelt- und Menschenrechtsorganisation eine förmliche Beschwerde bei der EU-Kommission ein, der darin vorgeworfen wird, ihre rechtliche Verpflichtung, zu gewährleisten, dass das Mercosur-Freihandelsabkommen keine Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen nach sich zieht, ignoriert zu haben. Sie machen darauf aufmerksam, dass eine Nachhaltigkeitsprüfung des Abkommens erst vier Monate, nachdem es bereits vereinbart war, veröffentlicht wurde, wodurch die Prüfung bedeutungslos und eine Beteiligung der Zivilgesellschaft unmöglich war.[177] Die unlängst veröffentliche Folgenabschätzung empfiehlt mehrere mögliche Minderungsmaßnahmen, unter anderem, dass Paraguay den Geltungsbereich seines Null-Abholzungsgesetzes auch auf das Gebiet des Chaco erweitert.[178] In der abschließenden Fassung des Freihandelsabkommens findet sich nichts davon. Während es tatsächlich einen Artikel zu Wäldern enthält, der die Vertragsparteien verpflichtet, Maßnahmen umzusetzen, um gegen illegale Abholzung und den damit verbundenen Handel vorzugehen, sowie einen weiteren Artikel, der sie zur Umsetzung der Vorgaben des Pariser Klimaabkommens verpflichtet, fehlt jeglicher Mechanismus, um die Einhaltung der Vorgaben zu bemessen oder durchzusetzen.[179]

6. Fazit: europäisches Regelwerk dringend notwendig

Amazon forest being burned, August 2020. The car industry also uses large volumes of hides from Brazil, where cattleranching is by far the largest driver of deforestation © Christian Braga/Greenpeace

Amazon forest being burned, August 2020. The car industry also uses large volumes of hides from Brazil, where cattleranching is by far the largest driver of deforestation © Christian Braga/Greenpeace

Forest cleared for palm oil in Indonesia © Earthsight

Forest cleared for palm oil in Indonesia © Earthsight

Die Spitze des Eisbergs der Abholzungen und Menschenrechtsprobleme der Automobilbranche

Die Earthsight-Untersuchung hat die fragwürdigen Behauptungen der Leder- und Automobilbranche, die Umwelt und Menschenrechte in vollem Umfang zu achten, entlarvt und die bittere Wahrheit zutage gebracht. Mehrere europäische Luxusautomarken verwenden Leder, das von Firmen geliefert wird, die Häute von Rindern verarbeiten, die auf Ranches aufgezogen werden, die für die widerrechtlich Abholzung des letzten Refugiums der nomadisch lebenden Ayoreo Totobiegosode verantwortlich sind, der letzten isolierten indigenen Gruppe auf dem amerikanischen Kontinent außerhalb des Amazonasgebiets. Aber obwohl dieses konkrete Fallbeispiel besonders schockierend und schlimm ist, ist es doch nur Teil eines viel größeren Problems.

Zunächst einmal ist dieser Fall lediglich die Spitze des Eisbergs der illegalen Entwaldung in Paraguay. Wenn dort – und davon gehen konservative Schätzungen aus – 20 Prozent aller Abholzungen illegal sind[180], dann dürften auch 20 Prozent der Waren, die von diesem Land stammen, das Ergebnis krimineller Handlungen sein. Paraguay exportierte jedes Jahr solche illegal eingekauften Güter im Wert von schätzungsweise 200 Millionen USD, davon rund 12 Millionen USD in die Europäische Union.[181]

Aber hier geht es nicht nur um die illegale Abholzung von Wald. Ein Hektar Wald, der legal eingeebnet wurde, trägt ebenso stark zur Klimakrise bei wie ein Hektar, der illegal gerodet wurde. Und ein Großteil der Rindfleisch- und Lederexporte aus Paraguay lässt sich zu Ländereien zurückverfolgen, wo der natürliche Waldbestand in den letzten 20 Jahren gerodet wurde. Obwohl Palmöl aus Indonesien, Soja aus Brasilien und Kakao aus Afrika deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie, dass, nach Gewichtseinheit, kein Rohstoff für mehr abgeholzten Wald verantwortlich ist als Rindfleisch und Leder aus Paraguay.[182]

Hinzu kommt die „Bagatelle“ Brasilien, das viel mehr Leder an die Automobilindustrie liefert als Paraguay und seine eigenen tiefsitzenden Probleme mit der Abholzung von Wäldern und Rechtsverletzungen hat.[183] In Bezug auf das Amazonasgebiet Brasiliens hat sich in der Rindfleisch- und Lederbranche ein wenig mehr getan. Aber kein Unternehmen, das nach wie vor Waren aus Brasilien bezieht, kann von sich behaupten, sauber zu sein, da selbst die Unternehmen mit den allerbesten Systemen außerstande sind, „Rinderwäsche“ zu verhindern (wenn die Rinder einen Teil ihres Lebens auf vor Kurzem entwaldeten Grundstücken verbringen, dann aber anderswo gemästet werden).[184] Die größten brasilianischen Fleischverarbeitungsunternehmen mit den fortschrittlichsten Rückverfolgungssystemen, wie etwa JBS, haben sich als zutiefst korrupt erwiesen, sodass ihre Versprechen in ihrem Wert wohl eher fragwürdig sind.[185]

Wenn also die Wahrscheinlichkeit, dass das Leder in Ihrem BMW von geraubtem Land der isoliert lebenden Totobiegosode stammt, gering ist, weil es nur geringe Mengen betrifft, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Autositz dennoch aus Leder hergestellt wurde, das mit jüngeren Abholzungen tropischer Wälder in Verbindung steht, ungleich größer.

Waldrisiko-Rohstoffe und die Notwendigkeit zu regulieren – der größere Rah

Treiber der Abholzung tropischer Wälder ist zu über 70 Prozent die kommerzielle Landwirtschaft. Viehzucht, Soja und Palmöl sind die größten Verursacher. Rund die Hälfte aller auf diesen gerodeten Flächen angebauten und gezüchteten Produkte geht in den Export. Zwei Drittel stammt von Land, auf dem wertvoller Wald illegal gerodet wurde.[186] Angesichts der Tatsache, dass die Entwaldung rund 12 Prozent des menschlichen CO2-Ausstoßes verursacht[187], ist zunehmend klar, dass, wenn die Menschheit den unumkehrbaren Zusammenbruch unseres Klimas vermeiden will, wir unsere Abhängigkeit von Produkten hinterfragen müssen, die auf der Zerstörung von Wäldern basieren.

Unter dem zunehmenden Druck von Umweltschützern versprach eine Gruppe von Konzernen, die in Produktion, Handel und Konsum solcher Rohstoffe involviert sind, vor einem Jahrzehnt, freiwillig ihre Rolle als treibende Kraft der Entwaldung bis 2020 zu beenden. Während andere „Waldrisiko-Rohstoff“-Branchen wie die Schokoladen- und Palmölindustrie in dieser Hinsicht zwar etwas größere Fortschritte als die Rindfleisch- und die Lederindustrie vorweisen können, haben sie dennoch kläglich versagt.

Kurz vor Ablauf der Frist ging Greenpeace daran, die erreichten Fortschritte zu analysieren; die Ergebnisse beschrieb die Organisation als „absolute Katastrophe. Während der letzten zehn Jahre sind weitere 50 Millionen Hektar Tropenwald, ein Gebiet von der doppelten Größe Großbritanniens, dem Rohstoffhunger dieser Industrien zum Opfer gefallen, so der Greenpeace-Bericht.[188]

Inzwischen ist zweifelsfrei klar, dass ein auf Freiwilligkeit beruhender Ansatz nicht funktionieren kann. Wenn diese Branchen das Richtige tun sollen, werden Regierungen sie dazu zwingen müssen.

Dabei spielt die Europäische Union eine Schlüsselrolle, wie auch Großbritannien, nachdem es die EU inzwischen verlassen hat. Zusammengenommen sind sie aufgrund ihres Konsums schätzungsweise für zehn Prozent der globalen in diesen Produkten verkörperten Entwaldung verantwortlich.[189] Die EU importiert Soja, Rindfleisch, Leder und Palmöl im Wert von geschätzt 6 Mrd. EUR, das von illegal gerodeten Flächen tropischen Waldes stammt – fast ein Viertel des gesamten globalen Handels. Italien und Deutschland waren mit zusammen 1,75 Mrd. EUR die zwei bedeutendsten Abnehmer. Paraguay war das viertwichtigste Ursprungsland, hinter Brasilien, Indonesien und Malaysia.[190]

Die EU und Großbritannien haben schon lange erkannt, wie dringend Handeln geboten wäre, um sich ihrer gemeinsamen Rolle als treibende Kraft der Entwaldung in anderen Ländern zu stellen. Mehrere Großkonzerne, wie auch Wirtschaftsverbände, die die Interessen etwa der Kakao- und Schokoladen- sowie der Palmölindustrie vertreten, haben sich für Regulierungen ausgesprochen. Nach jahrelanger Forschung ist jetzt ernsthaftes Handeln absehbar. Doch das letzte Wort ist dabei noch nicht gesprochen. Wie Earthsight festgestellt hat, stehen hinter den Händlern und Käufern von Leder für Luxusfahrzeuge Verbände an der Spitze der Kräfte, die diese Entwicklung jetzt noch zu stoppen versuchen.

Ein kritischer Zeitpunkt für Gesetze zugunsten sauberer Lieferketten

In der Europäischen Union laufen derzeit zwei verschiedene Prozesse ab, die dem Problem durch Regulierung beikommen könnten. Auch in Großbritannien hat eine von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe vor Kurzem empfohlen, selbst nach dem Ausscheiden aus der EU ähnliche Regulierungen anzustreben.[191] In der Zivilgesellschaft und unter fortschrittlichen Unternehmen genießen diese Initiativen breite Unterstützung. Doch die Sache ist längst noch nicht in trockenen Tüchern. Mächtige Kräfte sind weiter bemüht, diese Anstrengungen zu durchkreuzen oder zumindest zu verwässern.

Die von der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission (GD ENV) geleitete Initiative erwägt Handlungsoptionen, die spezifisch auf Agrarrohstoffe abzielen, die Wälder betreffen. Die zweite Initiative der GD Justiz ist breiter angelegt und sieht eine Regulierung von Unternehmen sowohl bei einer Reihe von Risiken bei Einkauf und Finanzierung, etwa in Fragen von Menschenrechten, Umwelt und Korruption, vor und soll zudem ein breiteres Spektrum von Gütern wie etwa geförderte Rohstoffe und pharmazeutische Produkte umfassen. Obwohl die Initiativen Schnittmengen aufweisen, treibt die Kommission beide Regulierungsvorschläge in der Hoffnung voran, dass sie aufeinander abgestimmt und sich ergänzen werden.[192]

Es wird aber nicht ausreichen, einfach nur Regulierungen zu verabschieden. Um Wirkung zu entfalten, müssen sie gut durchdacht sein. Menschenrechts- und Umweltorganisationen sind sich einig, dass jedwede Regulierungen dieser Art verpflichtend sein müssen, zudem müssen sie Voraussetzung für den Marktzugang eines Unternehmens sein, auf alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe Anwendung finden, robuste Durchsetzungsmechanismen inklusive empfindlicher Strafen vorsehen und sich auch auf Unternehmen erstrecken, die Aktivitäten in den betreffenden Sektoren finanzieren. Innerhalb der Kommission[193] und des EU-Parlaments[194] gewinnt ein solch umfassender Ansatz zunehmend an Zuspruch.

Im Angesicht des Klimanotstandes bleibt allerdings nicht mehr viel Zeit. Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Die EU-Kommission soll 2021 ein Gesetz vorlegen. Wie dieses Gesetz aussehen wird, entscheidet sich jetzt. Die weiteren Fortschritte werden zu einem guten Teil von der Haltung der deutschen Bundesregierung abhängen, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat.

Zunächst scheint die Lage vielversprechend. Während einer Schlüsselveranstaltung im April 2020, bei der der Europäische Kommissar für Justiz bestätigte, Gesetze einführen zu wollen, um Unternehmen für ihre Auswirkungen auf Menschen und den Planeten zur Rechenschaft ziehen zu können, bekräftigte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales seine Unterstützung neuer EU-Regeln und erklärte, unternehmerische Rechenschaftspflichten zu einer zentralen politischen Priorität der deutschen EU- Ratspräsidentschaft von Juli bis Dezember 2020 machen zu wollen.[195]

Aber der Gegendruck in Berlin und Brüssel ist bereits spürbar, und wie Earthsight festgestellt hat, sind hier auch Unternehmensverbände aktiv, die die Interessen der Branchen vertreten, die wir mit illegalen Rodungen auf Land indigener Gruppen in Paraguay in Verbindung bringen.

In Europa muss nicht nur die EU konsequent handeln. Auch in Großbritannien, das mittlerweile die EU verlassen hat, gab es Rufe nach ähnlichen regulatorischen Ansätzen. Ende August begann die britische Regierung, über einen Gesetzesvorschlag für unternehmerische Sorgfaltspflichten bei Agrarrohstoffen zu beraten.[196] Zwar offenbart der Vorschlag ein klares und höchst willkommenes Engagement für eine Regulierung, das vorgeschlagene Modell könnte jedoch einen beunruhigenden Präzedenzfall schaffen. Denn Anwendung soll das Gesetz nur auf die größten Unternehmen finden, sich lediglich auf die illegale Abholzung beschränken und Unternehmen gegen Zahlung einer Strafe den Import von und Handel mit Rohstoffen erlauben, die mit illegaler Abholzung von Wäldern in Verbindung stehen. So wäre etwa nicht klar, ob mit diesem Gesetz das britische Unternehmen Jaguar Land Rover für seinen Bezug von Leder aus Paraguay belangt werden könnte, oder, ob sich damit verhindern ließe, dass das Leder verarbeitet und dann an Verbraucher in Großbritannien und der EU verkauft wird. Das wäre nicht das gut durchdachte Gesetz, das wir brauchen.

Heuchelei: Wie sich die Industrie gegen Regulierung zur Wehr setz

Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden die deutschen Bemühungen für ein Gesetz auf EU-Ebene nach Aussagen der deutschen Bundesregierung von den Entwicklungen bei dem Gesetz auf nationaler Ebene bestimmt. Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2018 hat sich die deutsche Bundesregierung verpflichtet, ein Menschenrechts- und Lieferkettengesetz einzuführen und sich für ein ähnliches Gesetz auf EU-Ebene einzusetzen, sollte sich der zunächst auf Freiwilligkeit beruhende Ansatz als gescheitert erweisen. Als Studien 2019 und auch 2020 dieses Scheitern für die deutsche Industrie belegten, nahm die Regierung die Arbeit an einem entsprechenden Gesetz auf. [197]Eine Petition, die ein Sorgfaltspflichtgesetz (Due Diligence) fordert, hat mittlerweile 220.000 Unterschriften von Bürgern in Deutschland gesammelt.[198]

Mit Verweis auf die Dringlichkeit der Verabschiedung solcher Gesetze erklärte Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller, dass „die Ausbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit nicht zum Fundament der Weltwirtschaft und unseres Wohlstandes werden“ dürfen.[199] Der Deutsche Rat für nachhaltige Entwicklung hat der Bundesregierung empfohlen, eine „Pionierrolle“ einzunehmen und das Land zu einer treibenden Kraft für ein europäisches Lieferkettengesetz zu machen. Voraussetzung hierfür wäre allerdings die Einführung eines eigenen starken Gesetzes.[200] Was Deutschland auf nationaler Ebene umsetzt, wird damit zentral für die Stoßrichtung auf EU-Ebene sein. Hier geben die jüngsten Signale Grund zur Sorge.

Lobbyisten von Unternehmensverbänden in Deutschland machen mittlerweile Front gegen Gesetze zur Regulierung der menschen- und umweltrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen in ihren Lieferketten und argumentieren, dass dies in Zeiten, in denen COVID bereits zur größten wirtschaftlichen Herausforderung der letzten 70 Jahre geworden sei, eine zu große Bürde für die Unternehmen wäre.[201] Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die deutsche Autoindustrie beobachtet und unter anderem den Dieselskandal aufgedeckt hat, hegt keine Zweifel, woher dieser Druck kommt. So konstatiert etwa Peer Cyriacks, Stellvertretender Leiter Naturschutz bei der DUH, gegenüber Earthsight: „Hinter der Lobbyarbeit stehen der Bund der deutschen Industrie (BDI) und andere allgemeine Unternehmensverbände, die tatsächlich aber im Auftrag der deutschen Autokonzerne agieren. „Briefe und E-Mails, die uns aufgrund von Anfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes vorliegen, zeigen eindeutig den Druck, den der BDI und anderer auf die Bundesregierung ausüben, diese Initiativen weichzuspülen”, fügt er hinzu. Der BDI behauptet, die „Stimme der deutschen Industrie“ zu sein – ein Viertel dieser Industrie ist dem Automobilsektor zuzurechnen.[202] Zu den BDI Mitgliedern gehören der Verband der Automobilindustrie (VDA), dem wiederum alle großen Fahrzeughersteller in Deutschland angehören, darunter Volkswagen, Daimler, BMW, FCA und Ford sowie Hersteller von Autositzen wie Lear.[203] Der Verband der deutschen Lederindustrie, dessen größte Mitglieder Automobilzulieferer sind, gehört mittlerweile einer BDI-„Arbeitsgruppe“ an.[204]

Wie es aussieht, könnte der Druck des BDI noch Früchte tragen. Im August 2019 erfuhr die Deutsche Umwelthilfe, dass das deutsche Bundeswirtschaftsministerium (BMWI), das von Lobbyisten der allmächtigen Automobilindustrie am härtesten bearbeitet wird, inzwischen auf eine entschärfte Version des Lieferkettengesetzes drängt.[205] Die Gesetzesvorlage, die das Ministerium nun verabschieden lassen will, ist so zahnlos, dass führende deutsche Medienkommentatoren sie als bloßes „Feigenblatt“ beschreiben.[206]

Natürlich könnten einzelne Unternehmen diese Gesetze auch anders sehen als die Industrieverbände, die vorgeben, ihre Interessen zu vertreten. Earthsight hat daher vor der Veröffentlichung allen in diesem Bericht genannten Automobilherstellern die Möglichkeit gegeben, Stellung dazu zu beziehen, dass nach unseren Erkenntnissen die europäische Automobilindustrie (über die Branchen- und Industrieverbände oder Vereine, denen die Unternehmen angehören) Lobbyarbeit gegen eine ernsthafte Regulierung von Lieferketten leistet, die für die Einhaltung von Menschenrechten und die Beschränkung von Umweltrisiken sorgen soll. Nur Daimler hat sich dazu geäußert, und zwar, dass das Unternehmen Lieferkettengesetze unterstütze, jedoch nur solche, die „angemessen und für Unternehmen tragbar sind“.[207] Kein weiteres Unternehmen nutzte die Möglichkeit mitzuteilen, dass es mit der Position der Industrieverbände nicht einverstanden ist.

Dieser Befund sollte allerdings nicht allzu sehr überraschen. Als 2013 in Brüssel Vorschläge für Gesetze zu Lieferketten-Sorgfaltspflichten entwickelt wurden, die sich jedoch nur auf Konfliktrohstoffe beschränkten, war die Autoindustrie strikt dagegen. Der europäische Automobilherstellerverband ACEA, zu dessen Mitgliedern auch BMW, Jaguar Land Rover, Mercedes und Volkswagen zählen, ließ die Europäische Kommission wissen, dass der Verband davon ausgehe, dass die freiwilligen Richtlinien der OECD ausreichend seien. Sollte ein Gesetz verabschiedet werden, verlangte der Verband, dass es so zahnlos wie möglich sei – nicht verpflichtend, nachgelagerte Industrien wie die Autoindustrie ausschließe und nur auf die allergrößten Unternehmen Anwendung finde. Sie behaupteten, dass so ein Gesetz für sie nicht umsetzbar sei, da europäische Automobilhersteller „weder diktieren noch kontrollieren könnten, woher ein Zulieferer am fernen Ende der Lieferkette seine Rohstoffe bezieht”.[208]

Es stimmt aber einfach nicht, dass solche Gesetze nicht umsetzbar wären. Wie dieser Bericht zeigt, besteht über die Lieferketten nicht nur eine Verbindung zwischen den Automobilherstellern und der illegalen Abholzung des Lebensraums von Jaguaren auf dem Land eines isoliert lebenden Stammes, sondern die Unternehmen hätten die entsprechenden Risiken auch vermeiden können. Sie hätten etwa mit Cencoprod zusammenarbeiten können, um eine Rückverfolgbarkeit bis zur Farm zu gewährleisten, was laut Cencoprod problemlos möglich wäre, wofür aber keiner seiner Kunden zu zahlen bereit ist. Sie hätten bis zur Etablierung von Mechanismen, die sicherstellen, dass hierdurch nicht die Abholzung vorangetrieben wird, darauf verzichten können, Leder aus Brasilien oder Paraguay zu kaufen. Sie haben versagt, weil sie nicht bereit sind, den Preis für ethisches Handeln zu bezahlen. Die Ergebnisse dieses Berichts zeigen eindeutig, dass für die Automobilindustrie, genau wie für alle anderen Branchen, Lieferkettengesetze notwendig sind. Wenn sie nicht als Heuchler dastehen wollen, müssen die Autokonzerne jetzt öffentlich zugunsten einer ernsthaften Regulierung Stellung beziehen. Sollte das nicht geschehen, ist es unverzichtbar, dass die europäischen Gesetzgeber auch gegenüber Lobbyingaktivitäten aus der Gegenrichtung standhaft bleiben.

German Federal Ministers for Economic Cooperation and Development, Gerd Müller, and Labour and Social Affairs, Hubertus Heil, give a press conference on the Supply Chain Act, July 2020 © dpa picture alliance / Alamy Stock Photo

German Federal Ministers for Economic Cooperation and Development, Gerd Müller, and Labour and Social Affairs, Hubertus Heil, give a press conference on the Supply Chain Act, July 2020 © dpa picture alliance / Alamy Stock Photo

Deforestation for cattle ranching in the Paraguayan Chaco, 2019 © Earthsight

Deforestation for cattle ranching in the Paraguayan Chaco, 2019 © Earthsight

Lobby group BDI calls itself the ‘Voice of German Industry’. It has been calling for the watering down of a planned law on ethical supply chains © BDI website

Lobby group BDI calls itself the ‘Voice of German Industry’. It has been calling for the watering down of a planned law on ethical supply chains © BDI website

Danksagungen

Ayoreo woman © Survival International / GAT

Ayoreo woman © Survival International / GAT

Earthsight möchte sich bedanken Organización Payipie Ichadie Totobiegosode (OPIT), La comunidad de Chaidi, Iniciativa Amotocodie, Centro de Estudios Heñoi, Federación por la Autodeterminación de los Pueblos Indígenas (FAPI), und die anderen Organisationen und Einzelpersonen, die unsere Forschung unterstützt haben.

Dieses Dokument wurde mit finanzieller Unterstützung der UK Foreign, Commonwealth and Development Office (FCDO) zusammen mit anderen Gebern erstellt.

Der Inhalt dieser Veröffentlichung liegt in der alleinigen Verantwortung von Earthsight und kann in keiner Weise als Ausdruck der Meinungen der oben genannten Organisationen, der FCDO oder unserer anderen Spender angesehen werden.

Language Disclaimer: This document is a translation of an original in English, and is for information purposes only. In case of any discrepancy, the English original prevails.

Alle Referenzen finden Sie hier

Main illustration © Matt Hall

Bilder in Titelbild, Im uhrzeigersinn von oben links Survival International/GAT; Maryna Pleshkun / Shutterstock; Greenpeace; Michael Edwards / Alamy Stock Photo; Earthsight; Commercial RAF / Shutterstock; VanderWolf Images / Shutterstock; Uriel Soberanes / Unsplash